Radolfzell, Münsterblick auf den Abendmarkt und das Rathaus © Bildnachweis: TSR GmbH, Kuhnle + Knödler

Demo: Der Radolfzeller Gemeinderat muss August Kratt die Ehrenbürgerwürde aberkennen

Radolfzell, Münsterblick auf den Abendmarkt und das Rathaus © Bildnachweis: TSR GmbH, Kuhnle + Knödler
Blick auf Radolfzell. Bildnachweis: TSR GmbH, Kuhnle + Knödler

Anlässlich der Sitzung des Radolfzeller Gemeinderats am morgigen Dienstag wird eine Demonstration stattfinden, die vom Gemeinderat die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von August Kratt fordert.

Der Gemeinderat wird am Dienstag darüber beraten, ob dem früheren NSDAP-Bürgermeister von Radolfzell die Ehrenbürgerwürde aberkannt werden soll. Nach kritischen Medienberichten im Jahr 2023 hatte die Stadt Radolfzell ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Person August Kratt während der NS-Zeit untersuchen sollte. Im städtischen Arbeitskreis Erinnerungskultur wurde mehrheitlich beschlossen, August Kratt die Ehrenbürgerwürde nicht abzuerkennen. Die Stadtverwaltung befürwortet diesen Vorschlag.

Dagegen regt sich vehementer Protest aus der Zivilgesellschaft: Der Forderung nach einer Aberkennung der Ehrenbürgerwürde haben sich in einer Petition bereits etwa 350 Personen angeschlossen. Sie weisen darauf hin, dass August Kratt bereits seit 1903 in einer antisemitischen Handelsgewerkschaft war, seit 1933 Mitglied der NSDAP und ab 1942 Bürgermeister und damit die nationalsozialistische Gewaltherrschaft vor Ort in Radolfzell durchsetzte. Das Gutachten relativiere das freiwillige Engagement Kratts in herausgehobener Stellung. Luca Bischoff kommentiert hierzu:

Dass August Kratt ausdrücklich für die NS-Zeit die Ehrenbürgerwürde verliehen bekommen hat und diese bislang nicht aberkannt worden ist, zieht die ansonsten in Radolfzell hochgehaltene Erinnerungskultur ins Lächerliche. In heutigen Zeiten ist es wichtiger denn je, jede Relativierung der NS-Zeit zu unterlassen und sich klar gegen Faschismus und Rechtsextremismus zu stellen. Der einzige Umgang mit Kratts Ehrenbürgerwürde ist die sofortige Aberkennung durch den Gemeinderat.

Die Demonstration vor dem Rathaus findet am 24. Juni 2025 ab 15:45 Uhr statt (Sitzungsbeginn 16:30 Uhr).

Kontakt für Rückfragen: Luca Bischoff und Jannis Krüßmann, E-Mail luca-maximillian@web.de

Link zur Petition bei change.org: https://chng.it/B5xXwg2yVC

Text: MM, Bildnachweis: TSR GmbH, Kuhnle + Knödler

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Ein Kommentar

  1. Janosch Tillmann

    // am:

    Ich fühle mich, bei den Debatten in und um Radolfzell, häufig an Geschichten älterer Linker über den Umgang mit dem NS in der BRD vor den 2000ern erinnert.

    Diese Stadt verbietet ja auch mal eine antifaschistische Demonstration, nur weil ein dazu aufrufendes Plakat auf den Sockel des örtlichen SS-Denkmals geklebt wurde.

    So verkommt dann alles zu einer Erinnerungspolitik, die nie ehrlich gemeint sein kann, weil man in Wahrheit immer „unsere Leud“ gegen Kritik – die natürlich immer von außen herangetragen wird, verteidigen muss.

    Insofern ist es wohl folgerichtig, wenn man einen bekennenden Nazi als Ehrenbürger behalten will.

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