Neuer Busbahnhof Normalbetrieb © Ralph Braun

Kein Anschluss unter dieser Brücke

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Neuer Busbahnhof Normalbetrieb © Ralph Braun

Zufrieden mit dem neuen Busbahnhof? Die Verlagerung sei eine Herzensangelegenheit der Freien Grünen Liste (FGL) gewesen, so Stadträtin Gisela Kusche. Hier, unter der Neuen Rheinbrücke, hätten die Wartenden ein Dach über dem Kopf. Und die Fernbusse müssten sich nicht mehr durch den Stau der Einkaufstourist:innen quälen wie am Döbele, was häufig zu Verspätungen führte.

Am Freitag haben sie sich versammelt, um den neuen „Fernbusbahnhof Europabrücke“ zu eröffnen. Angefahren wird er schon seit ein paar Wochen, ein rotes Eröffnungsband zum Durchschneiden wurde nicht mehr gespannt. Doch eine kleine Feier sollte schon sein. Gekommen sind Stadträt:innen, Mitarbeiter:innen von Stadtverwaltung, Baufirmen und dem Betreiber der neuen WC-Anlage.

Es reden, von einer Lautsprecheranlage verstärkt gegen den von der Brücke und der Reichenauer Straße anbrandenden Autolärm, der heute wohlgelaunte Oberbürgermeister, der ewig lächelnde Baubürgermeister und ein Vertreter des Regierungspräsidiums.

Die Redner preisen den Fernbusbahnhof als Meilenstein der Stadtentwicklung, die hiermit die Grenzen der Kernstadt sprenge und diese auf das rechte Rheinufer erweitere. Asisi-Panorama, Parkhaus, Ärztehaus und Hostel sollen folgen, dort dann auch ein Café. Anregungen wie den Wunsch nach besserer Beleuchtung greife man gerne auf. Winnie Huber gibt auf dem Schifferklavier Melodien vom Reisen und vom schönen Bodensee zum Besten, und nach den Reden heißt es Sturm frei auf Dinnele und heiße wie kalte Getränke – Bier nur für die, die am Freitagnachmittag nicht mehr arbeiten müssen.

Ein Busbahnhof im Nirgendwo

Alles nur Wohlgefallen? Ganz so ist es nicht. Kernproblem ist die mangelnde Anbindung des neuen Busbahnhofs an den Nahverkehr. Vom alten Haltepunkt Döbele war man in zehn Minuten zu Fuß in der Altstadt oder an den Bahnhöfen Konstanz und Kreuzlingen. Am neuen Fernbahnhof nennen zwei schicke digitale Anzeigetafeln im Wechsel mit Tourismuswerbung „Steg 1“ und „Steg 2“ als Abfahrtsort der Stadtbusse zum Bürgerbüro. 

Wer hier den falschen „Steg“ – gemeint ist die Straßenseite – erwischt, bekommt auf dem Weg zum Bürgerbüro noch eine Rundfahrt durch die Vororte von Dettingen über Wallhausen bis Litzelstetten. Und was soll eine Ortsunkundige mit dem Ziel „Bürgerbüro“ anfangen? Ohne Google Maps sind Ankommende verloren im Nirgendwo.

Noch immer zu wenig Busfahrer:innen

Kommt man bis gegen 20 Uhr noch alle halbe Stunde mit dem „Roten Arnold“ auf kurzem Weg in die Altstadt, geht es danach nur noch im Stundentakt. Niemand sollte glauben, die Anbindung des Busbahnhofs werde sich demnächst verbessern. Für einen Wasserbus vom Bodenseeforum (Bofo) zum Hafen fehlt das Geld. Und gerade erst hat der Gemeinderat den Antrag der FGL, die Buslinie 2 wieder bis zum Bahnhof fahren zu lassen, mit großer Mehrheit abgeschmettert. 

Trotz des neuen Angebots an Werkswohnungen fehlen nämlich den Stadtwerken noch immer Busfahrer:innen. Wolle man sich nicht endlose Verspätungen einhandeln, so Betriebsleiter Ralph Stör, bräuchte es angesichts der knapp kalkulierten Umlaufzeiten für die Verlängerung der Linie 2 bis zum Bahnhof einen zusätzlichen Bus samt Fahrer:in.

Ein Geschenk an den Investor

Buchstäblich auf der Strecke bleiben mit der Verlagerung des Fernbusbahnhofs die Busreiseveranstalter. Sie brachten ihre Tagesausflügler:innen bisher ans Döbele. Hier konnte der Busfahrer seine Pause verbringen, während Gäste und Reiseleitung die Stadt erkundeten. Alles Schnee von gestern. Nun fallen zusätzliche Fahrten vom Busbahnhof, der ja zugleich Busparkplatz ist, in die Altstadt an, um die Gäste dort abzusetzen oder abzuholen.

Der neue Busparkplatz weitab der Kernstadt ergibt einen Sinn – wenn es darum geht, dem nebenan entstehenden Asisi-Panorama des Investors Wolfgang Scheidtweiler Besucher:innen zu verschaffen. Ökologisch ist er nicht.

Ratlos sind auch die Fahrer:innen der Regiobuslinie 700 Konstanz–Ravensburg. Sie verbrachten ihre gelegentliche Ruhepause zwischen Endpunkt Bürgerbüro und Startpunkt Bahnhof bislang auf dem Döbele. Wo sollen sie künftig pausieren?

Text und Fotos: Ralph-Raymond Braun 

3 Kommentare

  1. Winfried Humpert

    // am:

    Und wieder mal so ein Schildbürgerstreich der Konstanzer Verwaltung!

    Die Verantwortlichen sollten für ein Jahr wöchentlich einmal unter der Schänzle-Brücke zu verschiedenen Zeiten abgestellt werden mit der Verpflichtung, bei Ankunft eines definierten Flix-Busses mit dem öffentlichen Nahverkehr zum Bahnhof, zu den Stadtwerken oder zur eigenen Wohnung zu fahren. Sie hätten dann auch die Chance, sich beim Warten unter der zugigen Brücke in der kälteren Jahreszeit einen Schnupfen oder Husten einzuhandeln.

    Über die Fahrzeiten hätten die Verantwortlichen eine Dokumentation zu erstellen. Je nach Ergebnis würde das dann zur Absenkung der Bezüge um ein bis zwei Gehaltsstufen führen. Das für die Stadt Konstanz so eingesparte Geld würde dann nach diesem Jahr für die Planung eines angemessenen Busverkehrs genutzt. Die beiden Beiträge zum Thema im seemoz sollten als Anzeigen auf Kosten der Stadt Konstanz im SüdKurier abgedruckt werden.

  2. Bernhard Wittlinger

    // am:

    1. Stimmt denn die Klimaschutzrichtung? Am Stephansplatz sollen Parkplätze erhalten bleiben und der Fernbusverkehr wird vor die Tore in einen neuen „lost place“ versetzt.
    Durch Umsteigen in eine halb- oder 1-stündige Busanbindung wird die letze Meile einer Fernreise von der Altstadt und anderen Stadtteilen allein um 40 Minuten bis 1 Stunde 20 verlängert. Ein Bärendienst für den ÖPNV (öffentlichen Personennahverkehr).

    Die Stadtwerke-App empfiehlt abends einen 25 minütigen Fußmarsch als geeignetste Anbindung des Paradieses. Auch dies ist eine Bankrotterklärung des städtischen ÖPNV, gegenüber allen, die auf ein Transportmittel angewiesen sind.

    2. Stimmt denn das Timing? Bevor eine akzeptable Weiterverbindung an den örtlichen ÖPNV besteht, den ÖPNV weiter behindern!

    3. Den Ortsfremden irritiert nicht nur die unzureichende Beschreibung der Busziele. Er wird auch unnötig mit Rechenaufgaben 4/13 und 13/4 beschäftigt. Mit welchem Fahrgastbeirat (oder fehlt gar ein solcher?) wäre denn solche verwirrungsstiftende Liniennummern ausgehandelt worden?

    4. Die Aufenthaltsqualität der Bushaltestelle stadteinwärts (siehe hier) verhält sich zudem im reziproken Verhältnis zur erzwungenen Aufenthaltsdauer.

  3. gela homburger

    // am:

    Vielleicht könnte man/ frau aus „der denkmalgeschützten Bruchbude“ am neuen Busparkplatz eine Touristeninformation machen. Stadtpläne zur Orientierung, Fahrpläne (auch von der weißen Flotte & Fähre), Veranstaltungen, Events, Hotels, Mainau, Reichenau… . Gut fände ich auch Infos zum nahen Umfeld unserer Bodenseeregion. Vielleicht würden sich Schweizer und Österreicher am Unterhalt der denkmalgeschützten Touristeninformation beteiligen.

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