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Umstrittener Mietpreisbremse-Kompromiss

Aus der Redaktion
Münsterblick2 © Pit Wuhrer
Blick vom Münsterturm Richtung Paradies und Untersee © Pit Wuhrer

Kurz vor der Landtagswahl hat sich die grün-schwarze Landesregierung geeinigt: Die neue Mietpreisbremse gilt nur für ein Jahr statt für die ursprünglich geplanten vier Jahre – ohne Mannheim, Konstanz, Überlingen, Radolfzell und Singen.

Wichtige Instrumente der Stadtentwicklung werden damit ab dem 1. Januar 2026 den betroffenen Kommunen genommen. Damit zerschlage die Landesregierung den Mieterschutz am Bodensee, meint der „Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg“ in einer Pressemitteilung:

Die Einigung der grün-schwarzen Landesregierung zur Mietpreisbremse ist unzureichend, kurzsichtig und politisch motiviert. Die Entscheidung, die Mietpreisbremse lediglich für ein Jahr zu verlängern und gleichzeitig die Städte Mannheim und Konstanz aus dem Schutzmechanismus herausfallen zu lassen, gefährdet den sozialen Frieden auf angespannten Wohnungsmärkten.

„Eine Mietpreisbremse, die nur ein Jahr gilt, ist keine Mietpreisbremse – das ist ein taktischer Aufschub“, kritisiert Winfried Kropp, Mitglied des Landesvorstands und Vorsitzender des Mietervereins Bodensee. Offenbar sei es der Koalition wichtiger gewesen, das Thema Wohnen aus dem Wahlkampf herauszuhalten, statt wirksame Maßnahmen für hunderttausende Mieterinnen und Mieter zu ergreifen. Mit dieser Entscheidung werde das Problem bewusst der nächsten Landesregierung zugeschoben. „Die Wohnungssituation verbessert sich nicht dadurch, dass man ein Problem bis nach der Wahl vertagt“, so der Mieterbund weiter.

Die Herausnahme von Mannheim und Konstanz widerspricht realer Lage

Besonders unverständlich sei die Entscheidung, Mannheim und Konstanz aus der Mietpreisbremse zu streichen. Beide Städte gehören seit Jahren zu den angespanntesten Wohnungsmärkten Baden-Württembergs. „Wer behauptet, der Wohnungsmarkt in Mannheim oder Konstanz sei entspannter geworden, ignoriert die Realität der dort lebenden Menschen“, heißt es vom Mieterbund.

Auch lokale Verantwortliche – etwa alle Oberbürgermeister im Landkreis Konstanz – warnten öffentlich vor einem weiterhin überhitzten Markt. Die Landesregierung wische diese Einschätzungen jedoch beiseite. Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) hatte es nicht einmal für nötig gehalten, an einer Anhörung ihres Ministeriums für die betroffenen Städte teilzunehmen. „Deutlicher konnte Frau Razavi nicht zum Ausdruck bringen, dass Ihr die Sorgen der Mieterinnen und Mieter im Land egal sind,“ sagte Winfried Kropp.

Für breite Teile der Bevölkerung bleibe Wohnen in vielen Städten weiterhin existenzbedrohend teuer – und genau dafür sei die Mietpreisbremse gedacht. Die Mietpreisbremse müsse verlässlich, langfristig und rechtssicher ausgestaltet sein. Eine Regelung, die nach einem Jahr wieder auslaufen kann, schaffe dagegen Unsicherheit. Betroffen von der ignoranten Entscheidung Frau Razavis seien auch weitere Schutzrechte wie eine niedrigere Kappungsgrenze oder ein besserer Schutz nach einer Umwandlung von Miet- in Eigentumsrechte.

„Vermieter können jetzt auf Zeit spielen, Mieter müssen weiter mit drastischen Mieterhöhungen rechnen. Das ist ein Schutzmechanismus, der seinen Namen nicht verdient“, so der Mieterbund BW.
Der Verband fordert deshalb eine mindestens vierjährige Laufzeit der Regelung und die Wiederaufnahme von Mannheim und Konstanz und weiteren Gemeinden in die Gebietskulisse. Mieter:innen haben Anspruch auf eine Politik, die sich an ihrer Lebensrealität orientiert – nicht an koalitionsinternen Konflikten. „Wenn die CDU glaubt, dass Mieterschutz kein Thema im Landtagswahlkampf sein wird, täuscht sie sich.“

Stadt Konstanz kritisiert ebenfalls Enscheidung des Landes

Auch die Stadt Konstanz äußert sich zur „Gebietskulisse der angespannten Wohnungsmärkte“ und schließt sich u. a. der Kritik des Städtetags Baden-Württemberg an:

„Die Landesregierung hat sich – nach der Presse vorliegenden Informationen – geeinigt, die Mietpreisbremse lediglich für ein weiteres Jahr fortzuführen, gleichzeitig aber Konstanz aus der Gebietskulisse der angespannten Wohnungsmärkte zu streichen. Für die Stadt fallen zentrale Schutzinstrumente für Mieterinnen und Mieter ab dem 1. Januar 2026 weg, obwohl der Wohnungsmarkt vor Ort weiterhin massiv unter Druck steht.

Oberbürgermeister Uli Burchardt zeigt sich enttäuscht und verweist auf die weiterhin außerordentlich hohe Nachfrage nach Wohnraum und die langen Wartelisten bei der WOBAK. Er appelliert ausdrücklich an die Vermieterinnen und Vermieter: „Wir setzen darauf, dass Sie sich trotz des Wegfalls der Mietpreisbremse weiterhin an fairen, sozial verträglichen Mietniveaus orientieren.“

Gleichzeitig richtet Burchardt klare Erwartungen an das Land: „Über die Funktionsweise und Wirkung der Mietpreisbremse kann man trefflich streiten. Sicher ist aber: Viel wichtiger ist sowieso die Schaffung von neuem Wohnraum! Das Land Baden-Württemberg muss jetzt endlich sicherstellen, dass genügend Geld in die Fördertöpfe für geförderten Mietwohnungsbau getan wird und dass der dringend benötigte bezahlbare Wohnungsbau endlich anläuft. Her mit den Baggern! Dann braucht auch niemand mehr eine Mietpreisbremse.“

Langensteiner-Schönborn: Entscheidung des Landes nicht nachhaltig

Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn betont: „Konstanz weist eine der niedrigsten Leerstandsquoten im Land auf und jede weitere Schwächung des Mieterschutzes erhöht die Gefahr steigender Belastungen für die Bevölkerung. Die Verlängerung um ein Jahr ist keine nachhaltige Lösung und sorgt für unnötige Verunsicherung. Wäre Konstanz in einem anderen Bundesland würde die Kulisse angespannter Wohnungsmärkte bestätigt werden. Baden-Württemberg arbeitet mit seiner Methodik an den Realitäten vorbei.“

Die Stadt schließt sich ausdrücklich den Einschätzungen und Forderungen des Städtetags Baden-Württemberg sowie des Deutschen Mieterbunds an. Beide Organisationen hatten die Entscheidung des Landes deutlich kritisiert, auf die weiterhin hohe Anspannung der Wohnungsmärkte hingewiesen und eine verlässliche, langfristige Wohnungs- und Mietenpolitik eingefordert.

Konstanz bekräftigt, dass es sich weiterhin aktiv für bezahlbaren Wohnraum und eine faire Regulierung einsetzen wird – unabhängig von landespolitischen Entscheidungen. Das Handlungsprogramm Wohnen bleibt die zentrale kommunale Strategie, um neue Wohnmöglichkeiten zu schaffen, soziale Durchmischung zu sichern und langfristig tragfähige Lösungen für die Menschen in der Stadt zu entwickeln.“

Ein Kommentar

  1. Regine Messmer-Gröling

    // am:

    Was kann man dazu noch sagen? Das ist ein Skandal? Das ist eine Fehlentscheidung von Frau Razavis?
    Das ist Lobbyarbeit.?
    Ich kann nur zitieren: Artikel 1 des Grundgesetzes: die Würde des Menschen ist unantastbar….
    Diese Preistreiberei der Mieten treibt viele Mieter in die Insolvenz, Verlust der Wohnung, Räumung
    mit Möbeln…..wohin. .? Ins Obdachlosenheim..? Das ist so eine Schande, schämen Sie sich nicht,
    Frau Ministerin? Ihnen geht es ja super gut als Beamtin……Haben Sie eine Ahnung, was diese Preistreiberei
    der Mieten auf dem Arbeitsmarkt für diese Region bedeutet? Nein,sie wissen nichts, sonst würden Sie
    die Sorgen der Bürger ernst nehmen und handeln……..JETZT……

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