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Linke Konstanz: Keine Abschiebungen nach Afghanistan!

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Deutschland schiebt vermehrt ab, auch nach Afghanistan. So startete am 18. Juli in Leipzig ein Abschiebeflug mit 81 Afghanen an Bord – der erste seit August 2024 und der zweite seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021.

Amnesty International kritisiert die Abschiebungen nach Afghanistan deutlich: „Die menschenrechtliche Lage in Afghanistan ist katastrophal und Abschiebungen verstoßen gegen das völkerrechtlich garantierte Non-Refoulement-Gebot. Außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter sind in Afghanistan an der Tagesordnung. Niemand, auch nicht Straftäter, verdienen eine öffentliche Hinrichtung, Folter oder den Tod. Menschenrechte gelten entweder für alle Menschen, oder für niemanden“, erklärt Julia Duchrow, Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland.

Auch die Linke Konstanz aüßert sich in einer Pressemitteilung kritisch zu den Abschiebungen:

„Es ist ein Armutszeugnis: Wir schieben Menschen in ein Land ab, das wir nicht anerkennen, und mit dessen Regierung wir keine direkten Kontakte aufnehmen wollen“, meint Lars Hofmann. Der Direktkandidat der Linken für die Landtagswahl im Kreis Konstanz kritisiert die reine Symbolpolitik der Bundesregierung auf dem Rücken von Geflüchteten: „Es gehört sich ganz einfach nicht, Menschen in das Terrorregime der Taliban abzuschieben. Punkt“.

Die Schleifung des Asylrechts nimmt in Deutschland erschreckende Züge an, und einzig die Justiz mit ihrer Verpflichtung auf das Grundgesetz kann dem Furor der Politik noch Grenzen setzen. Das Hilfsmittel eines Verschiebeparkplatzes macht überhaupt erst diese Abschiebepraxis möglich: Indem die Betroffenen nicht dem grausamen Regime direkt in die Hände gegeben werden, sondern einem willfährigen Helfer – in diesem Fall Katar –, hofft der deutsche Staat, sich von seiner menschenrechtlichen und humanitären Verantwortung loszusprechen.

„Wir als Linke sagen dazu: Nein. Keine Abschiebungen nach Afghanistan! Die Sicherheitslage in dem Land verbietet es einfach. Nicht umsonst warnt das Auswärtige Amt vor Reisen in das gesamte Land. Und welche Nachrichten erhalten wir aus Afghanistan? Repressionen, Hunger, Menschenrechtsverletzungen“. Mit Abschiebungen, so Hofmann weiter, würden die deutschen Standards einer humanitären Flüchtlingspolitik offensichtlich unterlaufen.

„Nichts hat sich in dem Land verändert, was die Aufhebung des de-facto Abschiebestopps rechtfertigen würde. Auch Straftäter:innen haben ein Recht darauf, keinem Unrechtsregime ausgeliefert zu werden“. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), wonach Abschiebungen in existenziell bedrohliche Situationen unzulässig sind, lässt keinen Verhandlungsspielraum.

Letztlich biedere sich diese Politik von Union und SPD nur dem Kurs der AFD an: Geflüchtete Menschen werden als Unsicherheitsfaktor gebrandmarkt, und die innere Sicherheit mit ihrer Abschiebung verknüpft. „Das ist rassischster, menschenverachtender Unsinn. Die Kriminalstatistik ist hier eindeutig. Alles andere ist Rechtspopulismus, der der AfD nur noch weiter in die Hände spielt. Die Bauchschmerzen und die Tränen kann sich die SPD getrost sparen: Sie sollte die Abschiebungen und das inhumane Irrlichtern des Innenministers stoppen“.

MM, Bild: Lars Hofmann (Bildquelle TB)

Siehe auch: www.seemoz.de/fluechtlingsorganisationen-fordern-abschiebestopp-fuer-afghanistan

5 Kommentare

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    Ich bedanke mich für die Kommentare von Herrn Braun, Herrn Neuper und Herrn Schluroff.
    Insbesondere der Hinweis von Herrn Neuper ist sehr hilfreich, da er einen überaus hilfreichen Link zu der einschlägigen Gesetzeslage enthält. Und es ist in der Tat eine Abwägung erforderlich, ob die Straftat – bzw. das Strafmaß – derart schwerwiegend ist, dass eine Abschiebung angezeigt sein könnte. Nun kenne ich selbstverständlich nicht alle Straftatbestände der rund 80 Männer, die nach Afghanistan abgeschoben wurden, aber laut Presseberichterstattung gab es unter ihnen einige Gewaltverbrecher, wo anzunehmen ist, dass das Strafmaß entsprechend gewesen ist. Ob den abgeschobenen Personen in Afghanistan eine menschenunwürdige Behandlung droht, kann ich nicht einschätzen. Dies zu beurteilen ist Aufgabe der zuständigen deutschen Behörden.
    Den Vorwurf von Herrn Braun, von „Anzeichen einer bürgerlichen Verrohung“ nehme ich zur Kenntnis, aber nicht übel, da ich mir diesen „Schuh“ nicht anziehen werde. Mir geht es vor allem darum, dass unsere Gesellschaft nicht überfordert wird und wir als Gesellschaft und als Staat darauf achten müssen, wen und wieviele wir bei uns aufnehmen. Wenn wir dies nicht tun, dann wird der viel beschworene gesellschaftliche Zusammenhalt bald vollkommen verschwunden sein – und das hilft dann niemandem mehr.
    Die Anmerkungen von Herrn Schulroff sind auch durchaus bedenkenswert – wobei ich den Vorwurf der populistischen Verkürzung als zulässiges rhetorisches Mittel ansehe und nicht persönlich nehme.
    Ich weiß nicht, in welcher Funktion Sie bei Asylanhörungen zugegen oder gar an den entsprechenden Entscheidungen beteiligt sind/waren, aber soweit ich informiert bin, wird bei derartigen Entscheidungen durchaus berücksichtigt, ob der Antragsteller schwul ist und ihm im Herkunftsland Gefahr droht. Und wenn wir den Hinweis von Herrn Neuper berücksichtigen, so dürfte es nahezu ausgeschlossen sein, dass ein anerkannter Asylbewerber wegen des Diebstahls von nur einer Flasche Parfüm (waren Sie hier evtl. etwas „linkspopulistisch“, lieber Herr Schulroff?) abgeschoben wird – was ich im übrigen auch nicht angemessen finden würde. Es kann natürlich sein, dass jemand abgeschoben wird, weil er keinen Asylgrund hat UND eine Flasche Parfüm geklaut hat, das könnte ich durchaus nachvollziehen.
    Eins dürfte aber allen von uns klar sein: Das Thema Flüchtlinge wird uns und die gesamte Gesellschaft weiterhin beschäftigen, und eine Lösung ist nicht in Sicht.

  2. Maik Schluroff

    // am:

    Sehr geehrter Herr Krause,

    Sie haben Recht „… es gehört sich einfach nicht, in dem Land, dass einem Schutz gewährt hat, Straftaten zu begehen.“
    Bei Ihnen klingt das jedoch so, als sei die natürliche Konsequenz daraus die Abschiebung.

    Aus meiner langjährigen Arbeit bei Asylanhörungen weiss ich, dass die Realität nicht so einfach ist.

    Beispiel 1: Ein afghanischer Flüchtling hat ein Fläschchen Parfüm gestohlen und wird nach Afghanistan abgeschoben. Nach Scharia-Gesetzgebung kann ihm dafür die Hand abgehackt werden. Das würde doch wohl kaum Ihre Zustimmung finden.

    Beispiel 2: Ein Flüchtling aus Afghanistan (oder Mauretanien, Somalia, Nigeria, Uganda, Gambia, Tansania, Sierra Leone, Sudan …) hat ein Fläschchen Parfüm gestohlen und wird abgeschoben. Da er schwul ist, droht ihm in diesen Ländern Folter und/oder die Todesstrafe. Auch das würde doch wohl kaum Ihre Zustimmung finden. Außerdem verstiesse das gegen die UN-Flüchtlings-Konvention.

    „Kriminelle abschieben“ ist in eine verkürzende populistische Forderung.

  3. Jan Neuper

    // am:

    Zu der Anmerkung von Herrn Dr. Krause, in paar Gedanken, zu der Messlatte für die Rechtfertigung:

    § 54 AufenthG (https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__54.html) trifft eine Legaldefinition des des Begriffs „Ausweisungsinteresse“.
    Jeder möge diese sperrige, mit Verweisen gespickte Norm einmal vollständig lesen und sich überlegen, ob die einbezogenen Straftaten für sein Rechtsgefühl da wirklich hin gehören.
    Daneben gibt es noch die Frage, der „geht gar nicht Schwelle“ – auch Straftäter sind Menschen und die bei dieser Abwägung einschlägigen Grundrechte hat nach dem GG „Jeder“, nicht nur „Alle Deutschen“.

  4. Tobias Braun

    // am:

    Hallo Herr Krause,
    Menschen nach traumatischen Fluchterfahrungen vorzuwerfen, dass diese ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen, ist – no front, wie die Jugend sagen würde – ein Anzeichen bürgerlicher Verrohung. Und das geschützte Geschlecht ist auch nur eine Wiederholung des Arguments, in Syrien gäbe es bestimmt sichere Gebiete. Leider steht es doch zu vermuten, dass die Taliban Landesflucht und Kooperation mit dem Westen ungeachtet des Geschlechts gar nicht so gut finden. Ob dies Folgen für Leib und Leben der Betroffenen hat? Interessieren uns die Menschen morgen noch?
    Und wenn hochrangige Institutionen Abschiebungen ablehnen, was heißt das für unsere privaten Abwägungen? Oder machen es sich diese menschenrechtssensiblen Institutionen allesamt einfach zu leicht? Verstehen wir Konstanzer das alles einfach besser als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte? Haben einzig wir die guten, verlässlichen Quellen, was den Abgeschobenen dräut?
    Ab davon wollen wir alle Straftaten minimieren. Ob dies durch drakonische Strafen erreicht wird, möchte ich bezweifeln. US-Amerika lässt grüßen. Und warum wollen wir „Ausländern“das Recht verwehren, sich zu läutern?
    Viele Fragen für die leichte Schulter,
    TB

  5. Dr. Peter Krause

    // am:

    Ich denke, es gehört sich einfach nicht, in dem Land, dass einem Schutz gewährt hat, Straftaten zu begehen.
    Wenn ich jemanden helfe, will ich nicht, das er mich beklaut oder noch Schlimmeres tut.
    Das Verwerfliche an einem solchen Verhalten ist auch, dass jeder ehrliche Flüchtling, darunter zu leiden hat. Die Ausweisung von kriminellen Flüchtlingen ist durchaus nachvollziehbar und zu rechtfertigen.
    Es sei noch darauf hingewiesen, dass im konkreten Fall ausschließlich Männer abgschoben worden sind. Frauen werden – soweit ich informiert bin – weiterhin nicht nach Afghanistan abgeschoben – auch nicht, wenn diese straffällig geworden sein sollten.

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