Grundstück kopernikusweg

Kommt sie, kommt sie nicht? Das Ringen um die Baulandsteuer

Von Ralph-Raymond Braun
Grundstück kopernikusweg
Ein Fall für Grundsteuer C?

Ein Eckgrundstück. Ringsherum Bungalows, hier aber Wiese. Seit mindestens fünfzig Jahren, einem halben Jahrhundert. Anderswo wird Innenhof um Innenhof zugebaut oder, so geplant am Hafner, die Siedlungsfläche weit in die Natur erweitert und damit der Boden versiegelt. Die Eigentümer:innen besagter Wiese jedoch bauen nicht und verkaufen nicht an Bauwillige, sondern warten ab.

Ihre Wiese ist eine Kapitalanlage, wie Aktien, Edelmetalle oder Betongold, genährt durch die Hoffnung, sie werde – Boden ist knapp – immer mehr wert. Dagegen könnte die Stadtverwaltung vorgehen, indem sie baureife, aber aktuell nicht bebaute Grundstücke mit der sogenannten Grundsteuer C stärker besteuert. Sie könnte, aber sie muss nicht. 

Mit der Grundsteuer C können Gemeinden baureife, doch nicht überbaute Grundstücke höher besteuern. Das Instrument wurde mit der Grundsteuerreform neu geschaffen. Seit diesem Jahr machen Metropolen wie Hamburg, Mittelstädte wie Tübingen und Dörfer wie die Breisgauer Weinbaugemeinde Merdingen davon Gebrauch. Zwar erheben bundesweit bislang erst 14 Kommunen die neue Steuer, doch weitere, etwa Aachen und Kassel, haben bereits beschlossen, sich ab dem kommenden Jahr anzuschließen.

Eine alte Geschichte

Ganz neu ist die Grundsteuer C allerdings nicht. Als 1960 mit der Verabschiedung des Bundesbaugesetzes (BBauG) durch den Bundestag auch der noch vom NS-Regime erlassene Preisstopp für unbebaute Grundstücke enden sollte, hegte der Gesetzgeber die Befürchtung, in Erwartung stetig steigender Preise für das knappe Gut Boden würden Grundbesitzende nun Bauland horten, anstatt es an Bauwillige zu verkaufen oder selbst die dringend benötigten Wohnungen zu errichten. Deshalb sah § 172 BBauG eine höhere, zudem Jahr um Jahr steigende Grundsteuer für Bauland vor. Wurde auf dem Grundstück schließlich ein Wohngebäude errichtet, sollte es auch rückwirkend nur mit der niedrigeren Grundsteuer B belastet werden, der/die Eigentümer:in also eine kräftige Erstattung bekommen.

Vier Jahre später, der Kanzler hieß jetzt nicht mehr Konrad Adenauer, sondern Ludwig Erhardt, und die CDU/CSU regierte nicht mehr alleine, sondern in Koalition mit der FDP, wurde die Baulandsteuer auf Antrag der Liberalen als angeblich wirkungslos wieder abgeschafft. Immerhin stufte der Bundesfinanzhof die damaligen Regelungen zur Baulandsteuer mit Urteil vom 19. April 1968 – III R 78/67 – als verfassungskonform ein.

Die Argumente gegen die Steuer waren dabei oft die gleichen, die auch heute gegen die Grundsteuer C ins Feld geführt werden: Die Finanzämter würden mit Einsprüchen überflutet und gelähmt, „die Bürger“ (als besäße jedermann und -frau irgendwo ein bisserl Bauland) empfänden die Steuer als unsozial und ungerecht. Die Baulandsteuer, und da ist nun wirklich was dran, zwingt nur die wenigen finanzschwachen Grundeigentümer:innen, die die höhere Steuerlast nicht tragen können, zum Verkauf. Jedoch gehören Baugrundstücke ganz überwiegend finanzstarken Menschen und Unternehmen, die auch eine höhere Steuerlast aus der Portokasse zahlen können..

„Ein probates Mittel gegen Grundstücksspekulationen“

Doch zurück in die jüngere Vergangenheit und nach Konstanz. Bereits im Mai 2024 hatte sich im Zuge der Grundsteuerreform der Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) mit dem Thema befasst. „Grundsätzlich ist die Grundsteuer C ein probates Mittel, Grundstücksspekulationen einzudämmen und die Eigentümer zu einer schnelleren Bebauung unbebauter Grundstücke zu bewegen“, hieß es damals in der Vorlage der Stadtverwaltung.

Um nach diesem Eingeständnis dann gleich zu allerlei Gegenargumenten auszuholen: Enormer Verwaltungsaufwand für die Grundsteuerreform ganz allgemein, rechtliche Unsicherheit und Verunsicherung der Grundbesitzenden, dann die vielen Tricks, mit denen diese die Steuer umgehen könnten, und schließlich führe ja auch schon die Grundsteuer B zu einer Mehrbelastung baureifer, doch unbebauter Grundstücke gegenüber solchen mit Wohnraum. Immerhin ermittelte die Verwaltung damals im Stadtgebiet 133 Grundstücke, für die man eine Baulandsteuer erheben könnte.

Wann kommt die Baulandsteuer?

Im Ergebnis der Sitzung wurde die Baulandsteuer dann zunächst vertagt. Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) sagte zu, das Thema dem HFK in diesem Jahr neuerlich vorzulegen. So geschehen letzte Woche, als ein fraktionsübergreifender Antrag von Grünen/FGL sowie SPD erneut forderte, die Grundsteuer C zum Jahresanfang 2027 einzuführen und den Hebesatz dann stufenweise zu erhöhen. 

Im Vorfeld unterstützte der Mieterverein das Begehren, in der Debatte schlossen sich Linke Liste (LLK) und Junges Forum (JFK) dem Antrag an. Niklas Becker (Grüne) und Jan Welsch (SPD) argumentierten unisono, dass eine Stadt, die am Hafner die Landschaft versiegeln werde und dort sogar Grundstücke enteigne, alles tun müsse, um auch im Innenbereich Wohnraum zu schaffen. Die Grundsteuer C belaste keine Mieter und bringe, neben der wohnungspolitischen Wirkung, auch etwas Geld in die klamme Stadtkasse.

Widerspruch erhob sich, wie zu erwarten, aus dem konservativen Lager. Jürgen Faden (Freie Wähler) bezweifelte, dass eine höhere Steuer Bauunwillige zu einem Sinneswandel bewegen kann. Auch solle man abwarten, ob die Einsprüche oder gar Klagen gegen die Steuer in anderen Städten, zum Beispiel Tübingen, nicht etwa Erfolg hätten.

Viele Argumente. Aber auch gute?

Die Verwaltung erweiterte gegenüber dem Vorjahr ihren Katalog der Gegenargumente. Es brauche, um die Grundsteuer C einführen zu können, für die betroffenen Grundstücke eine „Allgemeinverfügung […] unter nachvollziehbarer Darlegung der städtebaulichen Erwägungen.“ Diese seien für Einzelgrundstücke „schwer zu erläutern“. Echt jetzt?

„Die Gemeinde muss einen erhöhten Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten und an der Nachverdichtung von Siedlungsstrukturen nachweisen.“ Unter uns gesagt: Für Konstanz sollte dieser Nachweis nicht allzu schwer zu führen sein.

Weiter: „Die Gesamtsumme an Grünflächen wird geringer.“ Wohl wahr, doch gilt dieses Argument – will man es ernst nehmen – nicht umso mehr für die Vorhaben Christiani-Wiesen, Jungerhalde West und Hafner?

Und schließlich: Die betroffenen 132 Grundstücke und damit ihre Eigentümer:innen seien bereits jetzt hoch belastet. Zahlten sie vor der Grundsteuerreform zusammen jährlich 30.875 Euro Grundsteuer, sind es künftig 221.000 Euro. Wahnsinn! Wer ein baureifes, also auf Kosten der Allgemeinheit erschlossenes Grundstück besitzt, dieses aber nicht bebaut, muss der Allgemeinheit im Durchschnitt monatlich 167 Euro zahlen! Eine echte Zumutung …

Vielleicht angesichts der sich abzeichnenden Mehrheit für eine Grundsteuer C ruderte Uli Burchardt in der Debatte gegenüber der Verwaltungsvorlage einen Schritt zurück. Hatte diese noch rundheraus empfohlen, die Baulandsteuer abzulehnen, versprach der Oberbürgermeister nun, im Zuge der nächsten Haushaltsberatungen, also im ersten Halbjahr 2026, einen Zeitplan für die Einführung der neuen Steuer vorzulegen. Damit waren alle zufrieden und so ward es einstimmig beschlossen. Erfahrungsgemäß wird der Gemeinderat, der hier das letzte Wort hat, diesem Votum folgen.

Foto: Screenshot Google maps

Ein Kommentar

  1. Sabrina Burandt

    // am:

    Ganz unabhängig vom Artikel: das Bildbeispiel ist schlecht gewählt. Wenn ich in dem oben abgebildeten Viertel wohnen würde, wäre ich froh über diese Wiese und möchte sie nicht auch noch zugebaut sehen!

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