Bodenseeforum, Bofo, 15.06.2020 © Harald Borges

Unser lieber Goldesel

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Bodenseeforum, Bofo, 15.06.2020 (c) Harald Borges
Bodenseeforum „Bofo“ © Harald Borges

Das Bodenseeforum „Bofo“ ist mehr als nur ein Bauwerk – es ist ein Dogma in der Theologie der Geldanbeter. Aber nicht anders als Gott und seine zänkischen Kirchen hat auch dieser Tempel hohe Nebenkosten, die die Allgemeinheit schultern darf. Doch es gibt jetzt wieder mal frohe Kunde: Die Lage ist rosig! Amen!

Wenn heute um 16.00 Uhr im Ratssaal der „Betriebsausschuss Bodenseeforum Konstanz“ zu einer öffentlichen Sitzung zusammenkommt, werden dort Bofo-Gläubige wie Bofo-Ungläubige gleichermaßen in ihrem Kaffee rühren und an reschen Brötchen nagen. Beide Parteien eint nämlich eines: Das Interesse am spannenden Quartalsbericht II/2023 Bodenseeforum Konstanz, Vorlage 2023-3525. Und wie immer – das lässt sich jetzt schon sagen – wird die rechtgläubige Verwaltung in höchster Begeisterung davon schwärmen, wie prächtig sich das Haus, das seit seiner Eröffnung 2016 ein Millionengrab geblieben ist, auch im letzten Quartal wieder entwickelt hat. Während die Ungläubigen säuerlich unter den Tisch gucken, als säße da ein kleines Teufelchen, das ihnen zur Strafe für ihren Unglauben eine glühende Kohle ins Hosenbein schieben will.

Ein Fall für die Biber?

Auf der eigentlich schmucken Immobilie am Seerhein scheint ja auch wirklich ein teuflischer Fluch zu lasten: Der Erbauer Centrotherm musste sie bald nach ihrer Eröffnung wieder abstoßen. Im oberen Teil des Gemäuers sitzt jetzt die IHK (das sind die Guten), und im unteren Teil befindet sich bekanntlich das Bodenseeforum (das sind die Besseren), das ungezügelt Geld verbrennt, als ob es keine städtischen Sparrunden und überhaupt gar kein Morgen gäbe: Mit Anschaffung und Zuschüssen könnte der Bau mittlerweile um die 35 Millionen Euro verschlungen haben, wenn’s denn langt, und es gibt Spötter, die dazu auffordern, endlich mehr Biber am Seerhein anzusiedeln, damit die das Ding untertunneln und zum Einsturz bringen können, Versicherungsbetrug hin, Versicherungsbetrug her.

Gemach!

Diesen Spöttern und überhaupt den linken Wirrköpfen, die dieses Jahrhundertprojekt aus lauter Griesgrämigkeit vor der brennend interessierten Weltöffentlichkeit madig machen, hält die Verwaltung harte Fakten entgegen. Und die stimmen vor allem den OB, dessen Herzensprojekt das Haus weiterhin ist, hoffnungsfroh, wie besagter Quartalsbericht zeigt: „Aufgrund der sehr guten Buchungslage im Bodenseeforum Konstanz verbessert sich der prognostizierte Zuschussbedarf im Vergleich zum Wirtschaftsplan 2023 im Laufe des zweiten Quartales leicht – obwohl die Personalkosten aufgrund des Tarifabschlusses gegenüber dem Planansatz deutlich steigen.“

Ha, da hat unser weitsichtiger OB uns also damals einen echten Goldesel in den Garten gestellt, aus dem wir das Gold nur so herausmelken, das nicht nur in die Kassen von Hotellerie und Gastronomie strömt, sondern auch das Stadtsäckel vor lauter Dukaten schier bersten lässt – ebenso übrigens, wie die Väter des Schatzkästleins, Oberbürgermeister Ulrich Burchardt und der damals federführende Berater Michel Maugé, vor Stolz auf ihr gemeinsames strammes Kind Tag für Tag schier platzen mögen.

Und was für ein Weltwunder das ist, neben dem sich die Pyramiden geradezu wie eine primitive Touristenvergrämungsruine ausnehmen: „Mit einer bunten Mischung aus Veranstaltungen – öffentlich wie intern – von Firmen, Verbänden, Behörden, Vereinen, Hochschulen, Kultur- und Messeveranstaltern hat das Veranstaltungshaus viele unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Viele kurzfristige Buchungsanfragen konnten aufgrund der guten Buchungslage nicht erfüllt werden. Gleichzeitig stieg in diesen Monaten die Nachfrage nach Veranstaltungskapazitäten für 2024.“

Kohle, Kohle, Kohle!

Das schlägt sich natürlich auch ganz handfest in den Zahlen nieder. Es gab nämlich sogar eine weitere „leichte Verbesserung gegenüber dem Wirtschaftsplan 2023 um 1%“. Hey Leute, +1% plus, nicht wie bei der von den linksgrünen Trotteln veranstalteten Inflation -6,1% weniger Geld in der Tasche, sondern 1% mehr.

Die Sonne endet ihren Lauf und bleibt aus Bewunderung über unsere Stadt stehen – oder?

Bodenseeforum, Bofo 07.07.2020 (c) Harald Borges
Die Sonn‘, sie scheinet ohne Unterlass – exklusiv über, neben und hinter unserem Bodenseeforum „Bofo“; darunter darf sie leider nicht scheinen, da wohnen nämlich die Biber, dieses lichtscheue Gesindel © Harald Borges

Aber leider ist die Verwaltung von einer geradezu ehrgeizigen Wahrheitsliebe besessen, und deshalb, nur deshalb kippt sie uns ein klitzekleines Tröpfchen Magermilch in den Rahmtopf, aus dem wir uns gerade den Ranzen vollschlagen wollten: „Das prognostizierte Jahresergebnis sieht Ende Juni 2023 einen Zuschussbedarf von 2.340 T€ inkl. Abschreibungen in Höhe von 710 T€ vor. […] Vergleicht man das prognostizierte Ergebnis mit der Hochrechnung von 2022, bedeutet es eine Verschlechterung um 18%. Diese Entwicklung beruht auf den stark gestiegenen Personal-, Wartungs-, Dienstleistungs- und Energiekosten.“ Pfui, Ihr Kosten, schämt Euch, das macht man doch nicht!

Alles ist also gut, nur der völlig unerhebliche Zuschussbedarf (umgangssprachlich auch „Verlust“ oder „Miese“ genannt und von gewöhnlichen Menschen gefürchtet wie das monatliche Wannenbad) liegt weiter bei schlappen 2,34 Millionen Euro jährlich. Aber wen juckt das schon, denn an anderer Stelle wird noch ein toller Erfolg gefeiert: „Das prognostizierte Jahresergebnis 2023 in Höhe von -2.340 T€ wird voraussichtlich um 16 T€ besser als im Wirtschaftsplan 2023 ausfallen. Im Vergleich zum Vorjahr erhöht sich der prognostizierte Jahresfehlbetrag 2023 um 255 T€.“

Also: Auch das ist besser und höher als gedacht. Hallo! Wir sind olympiareif!

Soziokulturelle Erbauung vom Feinsten

Das ist ja geradezu ein Klacks, auch wenn die Fortexistenz des Orchesters gerade wegen eines Bruchteils dieser Summe von denselben Leute, die dem Goldesel Bofo unentwegt den haarigen Schwanz küssen, lautstark infrage gestellt wird.

Aber wer braucht schon ein Orchester, wo es im Bofo doch statt Beethoven und Brahms echte Highlights ohne Ende zu erleben gibt, dass einem die Fluppe vor Staunen gar nicht wieder zuklappen will: Dem Unternehmerfrühstück am 9. November (immerhin passend am Tag der Ausrufung der Republik, des Hitlerputsches sowie des Mauerfalls) folgt am 11.11. „Cosmetica Konstanz“, vermutlich für alle, die beim Unternehmerfrühstück zu tief ins Glas geschaut haben und darob dringenden Renovierungsbedarf verspüren.

Dichtauf folgt am 16. November die „M.A.R.S. – Messe.Ausbildung.Regional.Sozial.“, die dann die Klinke direkt dem Nächsten in die Hand gibt: Die „Gesundheitstage Bodensee” bündeln am 18. und 19.11. „als Plattform für die Gesundheitswirtschaft des Bodenseeraums Behandlungs- und Therapieformen sowie Produkt- und Dienstleistungsangebote, um die eigene Gesundheit zu verbessern und Krankheiten vorzubeugen“. Die Freuden des ewigen Leben bei ewiger Jugend werden bei diesem packenden Event „in einem exklusiven Umfeld“ präsentiert, ehe dann das Jahreshighlight alle von den Barhockern haut, denn beim „Smart Green City Forum“ werden am 24.11. aller Voraussicht nach ganz viele riesige Wolken im Bodenseeforum hin- und hergeschoben.

Da sage noch jemand, das alles sei nicht direkte Daseinsfürsorge, ohne die er elendiglich verrecken müsse, geistig-moralisch wie auch sonst. Scheiße war’s nur wieder mal mit den Zahlen in besagtem Quartal.

Da geht es dem Bofo wie mir jeden Samstag – immer wenn ich nach der Sportschau die sechs richtigen Lottozahlen nebst der süßen Zusatzzahl sehe, fällt mir siedend heiß ein, dass ich genau diese Zahlen eigentlich hatte spielen wollen und mich beim Ausfüllen des Scheins nur verschrieben habe. Aber wenn ich dann montags meinen Lottoschein korrigieren lassen will, hat mein Lottokiosk immer gerade geschlossen.

Also auf ein Neues, Bofo-Jünger und Jüngerinnen! Stellt Euch einfach weiter Sisyphos als einen glücklichen Menschen und die angeblich so leere Stadtkasse als unendlich voll vor.

Quellen: Quartalsbericht II/2023 Bodenseeforum Konstanz, Veranstaltungskalender des Bodenseeforums.

Text: O. Pugliese unter schamloser Ausbeutung der öffentlich schutzlos zugänglichen Quellen. Bilder: Wahrscheinlich Harald Borges (sie wurden jedenfalls nach dem Knacken seines lächerlichen Passwortes „iloveBofo123“ seinem privaten Bildarchiv entnommen, wo wir noch ganz andere Sachen gefunden haben; deren Veröffentlichung heben wir uns aber für unsere schon lang geplante Kinderseite auf).

3 Antworten

  1. Peter Magulski

    // am:

    Die Meinung von ChatGPT zum Bofo:
    „Das Phänomen, bei dem jemand weiterhin Ressourcen (wie Geld, Zeit oder Aufwand) in ein verlorenes Projekt oder eine Fehlinvestition investiert, wird oft als „Versenken von Kosten“ oder „sunk cost fallacy“ bezeichnet. Dieser Begriff beschreibt die Tendenz, weiterhin in ein Projekt zu investieren, weil man bereits erhebliche Ressourcen investiert hat, anstatt die Entscheidung auf der Basis zukünftiger Kosten und Nutzen zu treffen. Dies kann zu irrationalen Entscheidungen führen, bei denen gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen wird, in der Hoffnung, Verluste rückgängig zu machen, anstatt die Verluste zu akzeptieren und vorwärts zu schauen.“

  2. Peer Mennecke

    // am:

    Das Dilemma ist doch, dass der OB bei den Zahlen und der Gesamtbilanz zugeben müsste, die Idee mit dem Bofrost war eher suboptimal. Und dann: Wer kauft die Blechdose für soviel Geld? Eben, niemand. Das Desaster möchten sich die Superhirne gar nicht erst ausmalen. Also lieber weiter Miese machen. Das Eingeständnis einer Fehlentscheidung oder gar die Übernahme einer persönlichen Verantwortung hierfür sind in der Politik schlicht nicht existent.

  3. Alex Tasdelen

    // am:

    Satire soll primär eine Botschaft transportieren, die geeignet ist, die Welt zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass die Botschaft Ihres Artikels beim 2024 neu gewählten Gemeinderat ankommt und er die Subventionierung des „Totenforums“ beendet.

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