Wallgutstraße im Paradies, Anwohnerparken, 12.10.2019 (c) Harald Borges

Geld zurück für Anwohner*innen

Heute entscheidet der Gemeinderat über ein Thema, das seit jeher die Gemüter besonders erregt: Die Parkgebühren und deren Rückzahlung. Das ist eindeutig mehr als ein juristischer Akt, denn das Auto ist selbst in Zeiten der von ihm mitverursachten Klimakatastrophe noch immer ein Gegenstand, der Emotionen weckt, und der Parkplatz ein Gegenstand kultischer Verehrung.

Ebenso viel Liebe wie das Auto weckt aber auch das Geld, nicht nur das eigene, sondern vor allem das fremde, sei es mit Gegenleistung oder ohne. Immerhin erbringt die Stadt Konstanz ganz erhebliche Gegenleistungen, wenn sie ihren Bürger*innen Geld für das Parken abknöpft.

Allerdings sind für Parkgebühren ganz bestimmte rechtliche Wege vorgesehen, die sich dem normalen Menschenverstand nicht erschließen, die aber die Herzen der Obrigkeitshasser*innen und ganz allgemein aller schadenfrohen Menschen ganz erheblich erfrischen. Viele Städte, so auch Konstanz, haben dabei einen falschen Weg eingeschlagen, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig am 13.06.2023 über die Bewohnerparkausweisgebührensatzung der Stadt Freiburg urteilte. Statt einer Gebührensatzung hätte es einer Rechtsverordnung bedurft, außerdem dürfen die Parkgebühren keine Rücksicht auf behinderte oder sozial schwache Menschen nehmen, da ist unsere Rechtsordnung, die es Millionären wie Obdachlosen gleichermaßen verbietet, unter den Brücken der Seine zu nächtigen, ganz radikal. Laut Verwaltung „dürfen bei der Gebührenbemessung nur die Gebührenzwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs berücksichtigt werden. Eine Bemessung der Gebühr nach sozialen Zwecken ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.“

Damit ist die aktuelle Konstanzer Regelung hinfällig.

So manches bleibt beim Alten

Aber wer glaubt, etwas ändere sich, irrt, denn die jetzt zu erlassende „Bewohnerparkausweisgebührenverordnung weist inhaltlich, mit einer Ausnahme, keine Veränderung zu der vorherigen Satzung auf. Die Gebührenhöhe wird weiterhin bei 150,00 EUR für 12 Monate und 45,00 EUR für 3 Monate liegen. Lediglich die in der Satzung enthaltenen Ermäßigungen aus sozialen Gründen (Inhabende des Konstanzer Sozial- und Pflegefamilienpasses, Schwerbehinderte) wurden herausgenommen, da […] diese leider durch den Gesetzgeber nicht vorgesehen sind.“

Es bleibt also alles, wie es ist, der alte Wein kommt in neue Schläuche, nur dass arme und behinderte Menschen das Nachsehen haben. Es gibt jetzt eine Übergangsregelung, und ab 1.10. tritt die neue (inhaltlich weitgehend identische) Rechtsverordnung in Kraft. „Ab dem 02. Oktober 2023 können wie gewohnt Anträge für die Ausstellung eines Bewohnerparkausweises, auf Grundlage der neu erlassenen Bewohnerparkausweisgebührenverordnung, gestellt werden. Um den Antragsprozess einfach und bürgerfreundlich zu gestalten, etwaige Wartezeiten im Bürgerbüro zu verkürzen und die damit verbundene zusätzliche Arbeitsbelastung im Bürgerbüro möglichst gering zu halten, wird um Antragstellung per E-Mail oder Post gebeten.“

Bis 21.10. drückt der Gemeindevollzugsdienst im Bewohnerparkgebiet auch noch wie die Uhus ein Auge zu. Das andere hingegen ist ein stets geöffnetes Adlerauge, das prüft, ob im Auto ein Bewohnerparkausweis oder eine Ersatzkarte liegt, egal, ob das Papier noch gültig ist oder nicht.

Geld zurück

Nun stellt sich natürlich noch die Frage, was mit den zu Unrecht erhobenen Parkgebühren wird. Meine Nachbarin, eine bekennende CDU-Wählerin mit einer heimlichen Schwärmerei für Roger Tscheulin, ist darin ganz klar: „Wenn die Stadt uns hunderttausend Euro abnimmt, obwohl sie das nicht darf, dann geht der OB in den Knast; und die vom Gemeinderat müssen das aus eigener Tasche zurückzahlen. Wenn ich die Stadt um Hunderttausend bescheiße, wandere ich doch auch in den Knast.“

Ganz so einfach ist es scheint’s nicht.

Die Regelung dieser „Scheiß-Ungerechtigkeit wie in ´ner Diktatur“ (O-Ton Nachbarin) stellt sich die Stadtverwaltung etwas anders vor: „Der Gemeinderat beschließt, die aufgrund der Bewohnerparkausweisgebührensatzung vom 12.07.2022 erhobenen Gebühren für Bewohnerparkausweise auf Antrag zurückzuerstatten, soweit diese über die bundesrechtlich geregelte Bewohnerparkausweisgebühr hinausgehen. Hierfür stellt der Gemeinderat ein Gesamtvolumen von 170.614,50 € zur Verfügung.“

Also: Kein Auspeitschen und kein Prangerstehen der Schuldigen, auch kein OB, der an der Tür klingelt und kniefällig um Verzeihung bittet und mit großen Scheinen und treuen Blicken wedelt. Stattdessen eine „Rückerstattung der Bewohnerparkausweisgebühren, die von Januar bis Juni 2023 erhoben worden sind.“

Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare

Meine Nachbarin hat es schon geahnt: „Die da oben machen einen Scheiß, und ich hab dann den ganzen Ärger davon.“ So ist es: Das rechtswidrig eingesammelte Geld gibt es nur auf Antrag zurück. Rund 1.500 Menschen müssen also ein Formular ausfüllen und sollen eine Rückzahlung „abzüglich der bundesrechtlich geregelten Bewohnerparkausweisgebühr in Höhe von 30,70 € (12- Monats-BPA) und 12,70 € (3-Monats-BPA)“ erhalten. „Für ca. 250 BPA müssen noch für die im Mai 2023 durchgeführte Serienverlängerung und einzelne Lastschriftmandate Gebühren nacherhoben werden (ebenfalls in Höhe von 30,70 €), da die Abbuchungen hierfür im Juni 2023 geplant waren und nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zunächst gestoppt wurden.“

Es soll irgendwann ein Antragsformular geben, und die Stadt bittet schon jetzt dafür um Nachsicht, dass sich die Bearbeitung und Auszahlung ganz lang hinziehen wird.

Das macht aber bei Abendlicht betrachtet auch nichts, denn es wird auch noch lange dauern, bis sich die Konstanzer*innen endlich für die langersehnte Parkgebührenrückzahlung die noch länger herbeigesehnten Joints kaufen können (siehe hier). Und wehe, jemand erwirbt dann statt der edlen einheimischen Leckerli, gefüllt mit echtem Gras Marke „Konstanzer Sonnenhalde“, die in Singen produzierten „Hohentwieler Glückszüge“ – dann kommt der OB doch noch bei ihm daheim vorbei, um ihn der Wirtschaftsförderung für Versuche zu überlassen, die man ihrer Grausamkeit wegen an Tieren schon lange nicht mehr vornehmen darf.

Text & Bild: O. Pugliese

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