
Im November 1992 zerstörte der rassistische Brandanschlag von Mölln die Leben von İbrahim Arslan und seiner Familie. Rund 30 Jahre später erzählt die vielfach ausgezeichnete Regisseurin Martina Priessner die Geschichten der Opfer sowie Überlebenden und schildert die große Solidarität, die lange im Verborgenen blieb. Die GEMS zeigt den eindringlichen Dokumentarfilm „Die Möllner Briefe“ am 10. Dezember.
Aktuell wird in alternativ sortierten Programmkinos landauf, landab dieser besonders berührende Dokumentarfilm gezeigt, der sich auf die tödlichen rassistischen Brandanschläge in der Nacht auf den 23. November 1992 in Mölln in einer Weise einlässt, die Seltenheitswert hat.
Damals wurden die beiden Mädchen Yeliz Arslan und Ayşe Yılmaz sowie ihre Großmutter Opfer der Flammen, die zwei Neonazi-Burschen aus hasserfülltem Vernichtungswahn entzündet hatten. Es gab mehrere Schwerverletzte, darunter zwei türkische Brüder – der damals siebenjährige İbrahim, der vor Angst erstarrt unter einem Tisch hockte, und das Baby Namik, das von einer Verwandten als Bündel aus einem Fenster des brennenden Hauses geworfen und somit in letzter Minute gerettet wurde.
Der Film zeigt voller Empathie, wie diese beiden nach wie vor von Trostlosigkeit gezeichneten Männer kämpfen – mit ihrer Traumatisierung, die sich noch dazu auf schreckliche Weise steigern musste, da die Stadtverwaltung des beschaulichen Mölln in Schleswig-Holstein fast 30 Jahre lang die vielen sehr bewegenden Beileidsbekundungen den Opfern einfach vorenthielt. Sie in Regalen quasi unsichtbar versteckte, als habe es von der deutschen Bevölkerung nur reglos dumpfe Gleichgültigkeit gegeben. Kein Trost der türkischen Überlebenden und der Hinterbliebenen war möglich durch diese eben doch stattgefundene landesweite Anteilnahme – das ist eine Ignoranz von unglaublicher Brutalität!
Es gelingt diesem wundervoll behutsamen Dokumentarfilm, das Wiederentdecken der zahlreichen Briefe durch das beharrliche Recherchieren der Filmemacherin Martina Priessner deutlich sichtbar und das beeindruckend herzzerreißende Mitleiden spürbar zu machen und einige der Briefeschreiber:innen nach so langer Zeit vor die Kamera zu holen. So entstehen traurig-schöne und intensive Begegnungen. Endlich ist es möglich, empathische Verhältnisse zu rekonstruieren, auf die wir in diesen zunehmend gefühlskälteren Zeiten doch so dringend angewiesen sind.
Ja, und das würde mich jetzt wahrhaftig interessieren: Was würde in deren Seelen geschehen, wenn sich ein paar Parteimitglieder der AfD zu einem Kinobesuch verabreden würden, um sich gemeinsam diesen Dokumentarfilm anzusehen?
Hilfe erhalten Betroffene von rechter Gewalt z. B. beim Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.
Der Film „Die Möllner Briefe“ wird am Mittwoch, den 10. Dezember 2025, anlässlich des „Internationalen Tags der Menschenrechte“ in Kooperation mit Amnesty International Singen/Radolfzell und dem Bündnis DemokraTwiel Singen um 19:30 Uhr im Kulturzentrum GEMS gezeigt. Mit Infoständen, Statements, einer Einführung sowie Petitionen und Brief-Aktionen von AI.
Bild: Filmplakat „Die Möllner Briefe“ © RFF – Real Fiction Filmverleih

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