André Rehm am 6. Juni 2025 im Konstanzer Landgericht 16:9 © Holger Reile

AfD im Kreis Konstanz: Die braune Chaos-Truppe

André rehm im konstanzer landgericht © holger reile
André Rehm am 6. Juni im Konstanzer Landgericht © Holger Reile

Bei den Kommunalwahlen 2024 zog die rechtsextremistische Partei in die Gemeinderäte von Rielasingen und Singen ein und erreichte auch im Kreistag acht Sitze. Doch seitdem geht es drunter und drüber bei den Rechtsaußen, fast monatlich tritt eine/r zurück. Wann endlich merken die AfD-WählerInnen, dass mit dieser Partei kein Staat zu machen ist?

Wer sich für ein kommunalpolitisches Mandat bewirbt, sollte wissen, dass damit Arbeit und Verantwortung auf ihn oder sie wartet. Doch diese Erkenntnis scheint bei den Rechtsextremen im Landkreis Konstanz nicht angekommen zu sein. Ganz im Gegenteil. Aber der Reihe nach.

Der Fall Steiner

Janine Steiner wurde vergangenes Jahr für die AfD in den Gemeinderat von Rielasingen-Worblingen gewählt, zudem errang sie ein Mandat im Kreistag, wo die AfD mit anfangs acht Sitzen vertreten war. Doch schon vor der konstituierenden Sitzung des Kreistages kehrte Steiner zusammen mit ihrer Fraktionskollegin Karin Pütz der AfD-Fraktion den Rücken. Beide traten auch aus der Partei aus, denn dort, so Steiner und Pütz sinngemäß, herrschten rechtsradikale Ansichten. Wer hätte das gedacht?

Karin pütz (rechts) und janine steiner (links) bei ihrer vereidigung im kreistag © holger reile
Karin Pütz (rechts) und Janine Steiner (links) bei ihrer Vereidigung am 22. Juli 2024 im Kreistag © Holger Reile

Steiner und Pütz gründeten daraufhin die Kreistags-Gruppierung „Die freien Starken“, glänzten aber meist durch Abwesenheit. Nun hat sich Steiner Ende Mai aus angeblich familiären Gründen ganz aus dem Kreistag zurückgezogen, ebenso aus dem Rielasinger Gemeinderat, wo man sie kaum jemals gesehen hat. Ihr Ausscheiden als Kreisrätin – anwesend war sie auch diesmal nicht – brachte den Konstanzer CDU-Oberbürgermeister Uli Burchardt auf die Palme. Mit deutlichen Worten kritisierte er die AfD. Diese drücke sich seit Jahren vor der Verantwortung, bringe aber „nichts auf die Reihe“ und sei alles andere als eine politische Alternative. Die AfD tauge „allenfalls als abschreckendes Beispiel“.

Diese berechtigte Attacke hätte man eher von VertreterInnen aus den Fraktionen von Grünen, Sozialdemokraten und Linken erwartet – doch in deren Reihen herrschte erstaunliches Schweigen. Warum eigentlich? Damit wurde eine Chance vertan, in öffentlicher Sitzung in Richtung AfD klar Position zu beziehen.

Für Janine Steiner soll nun Alexander Jenei-Grunert aus Radolfzell-Böhringen den Kreistag beehren. Mittlerweile sei aber auch der, so der Südkurier, aus der AfD ausgetreten und niemand wisse derzeit, ob der Mann sein Mandat überhaupt anzunehmen gedenke.

Der Fall Politz

Zurück in den Gemeinderat von Rielasingen-Worblingen. Nach dem Ausscheiden von Janine Steiner rückte Alexander Hofer nach. Zwar wurde Axel Politz bei der Kommunalwahl im letzten Jahr in den Rat gewählt, der aber umgehend erklärte, das Amt aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben zu können. Nicht zum ersten Mal gab Politz somit den kommunalpolitischen Hütchenspieler vom rechtsextremen Rand.

Bereits 2019 zog er für die AfD ins Rathaus von Rielasingen-Worblingen ein, wurde dort aber kaum jemals gesehen und trat, wiederum gesundheitlich beeinträchtigt, 2023 ganz zurück. Seine angeblichen Beschwerden hinderten ihn indes nicht, quicklebendig als Hobby-Gitarrist bei verschiedenen Konzerten aufzutreten.

Offensichtlich wundersam genesen, kandidierte Politz dann bei den letztjährigen Kommunalwahlen in Rielasingen-Worblingen erneut für die AfD – und wurde erneut gewählt. Dann, quasi über Nacht, sollen sich bei Politz erneut krankheitsbedingte Beschwerden eingestellt haben und somit, ließ er verlauten, müsse er auf das Mandat leider verzichten. Vorsichtshalber soll Politz kürzlich auch aus der AfD ausgetreten sein, um seinen Rücktritt zusätzlich abzusichern.

Der Sonderfall André Rehm

Um das AfD-Fiasko im Landkreis Konstanz zu komplettieren, richte man den Blick nach Singen. Dort erreichte die AfD bei den Wahlen 2024 auf Anhieb drei Sitze. Doch auch in der Hohentwiel-Stadt glänzten die gewählten Rechtsaußen meist durch körperliche Abwesenheit – überwiegend aus gesundheitlichen Gründen. Nun ist mit Thomas Frischmuth ein AfD-Rat zurückgetreten, weil er seinen Wohnort wechselt. Sein Nachrücker heißt, und jetzt wird es spannend: André Rehm, ein nun rechtskräftig vorbestrafter Krimineller, denn vergangenen Freitag wurde er vom Konstanzer Landgericht u.a. wegen Nötigung, Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung zu elf Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der Vorsitzende Richter Tasso Bonath bescheinigte in seiner Urteilsbegründung dem Angeklagten „hohe kriminelle Energie“.

Dennoch kann Rehm damit rechnen, als neuer Singener Gemeinderat in Bälde vereidigt zu werden, da während seiner Wahl keine Gründe für einen Wahlrechtsausschluss vorgelegen haben sollen. Wahrscheinlich im Knast, beim Freigang des neuen Singener Stadtrats Rehm. Eine zumindest für den Landkreis Konstanz einmalige Situation. Rehms zusätzliche Vorstrafenliste ist lang, aber nach seemoz-Recherche war mehreren AfD-Leuten im Vorfeld durchaus klar, wen sie für die Kommunalwahlen da auf ihre Liste setzten. „Mocke“, unter diesem Spitznamen ist Rehm in Singen bekannt und berüchtigt, wird wohl der erste kriminelle Straftäter sein, der dann bei seiner Verpflichtung als Singener Stadtrat öffentlich „Treue der Verfassung“ und „Gehorsam den Gesetzen“ beschwört, wie der Südkurier süffisant anmerkte.

Das Urteil gegen André Rehm erregt bundesweit Aufmerksamkeit und scheuchte nun sogar den AfD-Kreisverband auf. Vergangenes Wochenende forderte Steffen Jahnke, Sprecher der Rechtsextremisten im Kreis Konstanz, Rehm auf, umgehend seine Ämter niederzulegen und aus der Partei auszutreten. Man kann davon ausgehen, dass sich dieses Schmieren-Theater aus dem braunen Sumpf noch eine Weile hinziehen wird.

Sind vor allem Singen und Rielasingen „braune Käffer“? Das hört man nicht gerne im Hegau. Aber es sei auch daran erinnert, dass bereits bei der Landtagswahl 2016 der damalige Singener AfD-Kandidat und Holocaustleugner Wolfgang Gedeon 20,2 Prozent der Stimmen erhielt und über ein Zweitmandat in den Stuttgarter Landtag einzog. 2021 gelang das auch dem Rielasinger AfD-Hardliner Bernhard Eisenhut, der 2026 erneut als Landtagskandidat antreten wird. Vor einigen Monaten kandidierte er zwar erfolglos bei den Bundestagswahlen, erreichte aber allein in Singen 28,62 Prozent für die AfD und lag damit vor allen anderen KandidatInnen.

Demo gegen die afd vor dem konstanzer landratsamt beschnitten © holger reile
Demo gegen die AfD am 22. Juli 2024 vor dem Konstanzer Landratsamt © Holger Reile

Fazit

Allmählich müsste es auch strammen AfD-WählerInnen klar werden, dass man den rechtsextremen Versagern keine politische Verantwortung überlassen darf. Sie lassen sich wählen, sind dann selten in den Gremien zu sehen, beschäftigen und blockieren aber die jeweiligen Verwaltungen mit durchweg unsinnigen Anfragen und beweisen nahezu täglich, dass sie völlig unfähig sind. Merken sie, dass das errungene Mandat tatsächlich mit Arbeit verbunden ist, machen sich viele von ihnen gern krankheitsbedingt vom Acker, geben fadenscheinige Gründe für ihr Nichterscheinen an oder treten gleich ganz zurück.

Terminhinweis: Am 8. März 2026 finden in Baden-Württemberg die nächsten Landtagswahlen statt.

Text und Bilder: H. Reile

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