
Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung von Krieg und deutschem Faschismus durch die Alliierten. Weit über sechzig Millionen Menschen fielen dem Zweiten Weltkrieg und Nazi-Terror zum Opfer. Zum 80. Mal werden wir diesen Gedenktag begehen, viele interessante Veranstaltungen in der Region laden dazu ein.
Hier unsere Terminauswahl im Einzelnen:
Lesung und Kurzfilm am 6. Mai im K9 um 19:30 Uhr
„Ich habe Angst, dass wieder Krieg und schlimme Ereignisse auf uns alle zukommen“, sagt die aus Charkiw stammende Olga Elena Jemez im Jahr 2017. Heute ist dort wieder Krieg. Bei der Präsentation des Buches „Endstation Rüstungsindustrie“, wird aus zwei Interviews mit exemplarischen Geschichten von aus der heutigen Ukraine 1944 verschleppten jungen Menschen gelesen.
Mit dem kleinen Buch „Endstation Rüstungsindustrie“, welches an diesem Abend seine Erstpräsentation feiert, liegen zwei Interviews mit exemplarischen Geschichten von aus der heutigen Ukraine (damals Sowjetunion) stammenden jungen Menschen als Zeitdokument vor. Beide wurden im Zweiten Weltkrieg in Güterwaggons zur Zwangsarbeit beziehungsweise KZ-Häftlingsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie verschleppt. Dort erlebte sie die Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945. Die Interviews sind im Rahmen von Filmprojekten des Konstanzer Dokumentarfilmers Jürgen Weber entstanden.
Die Geschichte von Wassiliy Sklarenko wird in dem Kurzfilm von Jürgen Weber „Wie Dachau an den See kam …“ über die Überlinger Stollenanlage aus dem Jahr 1995 gezeigt. Eintritt frei.
Weitere Information unter www.stolpersteine-konstanz.de/06-0-52025-ich-habe-angst-dass-wieder-krieg-kommt
Vortrag von Jürgen Klöckler am 7. Mai im Rosgartenmuseum um 19:00 Uhr
Prof. Dr. Jürgen Klöckler, Stadtarchivar von Konstanz, spricht zu dem Thema „Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren: Kriegsende und die unmittelbare Nachkriegszeit“.
Um Anmeldung wird gebeten: Katharina.Schlude@konstanz.de oder Tel. +49 (0)7531 / 900-2913.
Führung durch die Radolfzeller Innenstadt am 8. Mai um 16 Uhr
Mit den Reichtagswahlen im März 1933 wurde die NSDAP zur stärksten politischen Kraft in Radolfzell. Damit setzte auch die Verfolgung von politischen Gegnern ein. In Zusammenhang mit dem Bau der Schießanlagen für die 1938 von SS-Einheiten bezogenen Kaserne wurde die Stadt ein Außenlager des KZ Dachau. Zwangsarbeiter wurden in den Kriegsjahren in Radolfzeller Betrieben eingesetzt. Die Führung im Rahmen des Friedensfests geht den Spuren jener Jahre in der Altstadt Radolfzells nach.
Leitung: Rüdiger Specht und Jacqueline Berl, Stadtmuseum, Treffpunkt: Luisenplatz. Siehe auch hier.
Stolperstein-Führung in Konstanz am 8. Mai um 17 Uhr
Ausgehend von der Stolperschwelle vor dem ehemaligen Erbgesundheitsgericht werden bei einem Rundgang durch die Konstanzer Innenstadt ausgewählte Biografien von Opfern des nationalsozialistischen Terrors – Jüdinnen und Juden, Eugenik-Opfer, Homosexuelle, politische Opfer und Zeugen Jehovas – ausführlich und exemplarisch vorgestellt. Die Führung endet vor dem Theater am Stolperstein für Willy Schürmann-Horster. Treffpunkt: Stolperschwelle vor dem Amtsgericht an der Unteren Laube.
Weitere Informationen dazu, aber auch zu kommenden Stolperstein-Verlegungen und Stolpersteine-Putzen am 10. Mai, finden sich auch der Website der Stolperstein-Initiative.
Lesung aus „Schicksalsstunden einer Demokratie“ am 8. Mai in der Werkstatt um 18:30 Uhr
Demokratien sind fragil. Freiheiten, die fest errungen scheinen, können verspielt werden. Wenige historische Ereignisse verdeutlichen dies so eindringlich wie das Scheitern der Weimarer Republik. Anschaulich und spannend erzählt Volker Ulrich in „Schicksalsstunden einer Demokratie – Das aufhaltsame Scheitern der Weimarer Republik“ von ungenutzten Chancen und verspielten Alternativen.
Lesung durch Ensemblemitglieder des Stadttheaters, Eintritt frei.
Exkursion zur Theresienkapelle Singen am 8. Mai 2025 um 18 Uhr
Am 80. Jahrestag der Befreiung vom NS-Regime gedenken viele der Opfer des Holocaust, des Weltkriegs, der „Euthanasie“, der menschenverachtenden NS-Diktatur. Der Bildungsverein seemoz e.V. erinnert an die Zwangsarbeiter:innen – beispielsweise in Singen, wo die Betriebe Alusingen, Maggi und Georg Fischer „Beschäftigte“ in Lager eingesperrt hatten. Markus Sonnenschein vom Verein Theresienkapelle führt Interessierte durch die Kapelle und den darunter liegenden Stollen und erzählt die Geschichte des Lagers.
Treffpunkt: Kapelle in der Fittingstraße 40, Singen. Eintritt frei. Um Anmeldung wird per Mail an dammgasse8@seemoz.de gebeten: Siehe auch www.seemoz.de/bildungsveranstaltungen.
„Lieder gegen den Krieg“ am 9. Mai in der Linse Weingarten um 20 Uhr
Festakt mit La Desbandá aus Turin. La Desbandá, deren Mitglieder ursprünglich in der im Piemont bekannten Volksmusikgruppe Cantovivo auftraten, singt und spielt international bekannte und populäre Lieder des Widerstands gegen das Franco-Regime, gegen die Nazidiktatur, des Antifaschismus. Kurz: Lieder gegen Krieg und Gewalt.
Weitere Informationen hier.
Busfahrt „Verfolgung Zerstörung, Befreiung – Grenzüberschreitende Erinnerung“ am 10. Mai in Singen ab 14 Uhr
Die Fahrt soll das gemeinsame, oft schmerzhafte Erbe von Krieg, Zwangsarbeit und Flucht beleuchten und den Teilnehmer:innen tiefere Einblicke in die Geschichte der Region bieten. Die Busrundfahrt beginnt um 14 Uhr an der Ersatzhaltestelle vor der Maggi in der Julius-Bührer-Straße bzw. um 14:15 Uhr an der Theresienkapelle in Singen, wo die Geschichte von Zwangsarbeit biografisch und der Krieg als Umbruchsituation in einer Führung mit Dr. Carmen Scheide thematisiert werden. „Wenn wir uns historischen Ereignissen über die Biografien von Betroffenen nähern, schaffen wir einen emotionalen Zugang, der eine unmittelbare Auseinandersetzung und Reflektion ermöglicht“, so die Vorsitzende des Fördervereins Theresienkapelle, Dr. Carmen Scheide.
Als zweite Station wird mit dem Bus der Schüppelwald in Ramsen angesteuert. Dort steht das Thema „Flucht“ im Mittelpunkt. Mit einer szenischen Lesung aus einem Beitrag des verstorbenen Ehrenbürgers Wilhelm J. Waibel, Fotos und Audiomaterial aus den Beständen des Stadtarchivs Singen wird die Flucht-Thematik während und nach dem Krieg anschaulich dargestellt. Der Singener Heimatforscher Willi Waibel recherchierte viele Jahre lang die Geschichte der Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs in Singener Firmen wie der Georg Fischer AG, Maggi oder ALUSINGEN arbeiten mussten.
Der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler, der Ramsener Gemeindepräsident Josef Würms und der Schaffhauser Stadtpräsident Peter Neukomm werden an den jeweiligen Stationen kurze Grußworte sprechen. Eine Anmeldung unter archiv@singen.de oder Telefon 07731 85-249 wird empfohlen, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist. Es wird ein Unkostenbeitrag in Höhe von 5 Euro (Erwachsene) bzw. 3 Euro (Jugendliche ab 16 Jahren, Schüler:innen und Azubis) bei Veranstaltungsbeginn erhoben.
Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg, Überlingen und KZ-Friedhof Birnau am 10. Mai ab 14 Uhr
14:00 Uhr in Überlingen: Führung im Goldbacher Stollen mit Oswald Burger. Eingang neben dem „Wirtshaus zum Felsen“, Obere Bahnhofstraße 30 (Parken im Parkhaus Therme, Bahnhofstraße 26)
17:00 Uhr: GEDENKFEIER auf dem KZ-Friedhof Birnau (an der B31 in der Nähe des Klosters Birnau gelegen)
Mit: Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende VVN-BdA, Hamburg
Oswald Burger, Historiker Überlingen
E. Cattaneo, F. Voghera, Comitato Resistenza Colle del Lys Rivoli
Mehmet Aksoyan, TAVIR Ravensburg e.V.
Musik: La Desbandá aus Turin
Anschließend Treffen im Bodenseehotel Sternen, Daisendorfer Straße 8, 823690 Mühlhofen. Veranstaltet von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistlnnen WN-BdA Ravensburg, IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben und Singen, ver.di Ulm-Oberschwaben, DGB Südostwürttemberg.
Filmvorführung „In Liebe, eure Hilde“ am 15. Mai im Zebra Kino um 18:30 Uhr
Berlin 1942. Hilde ist verliebt. In Hans. In ihrer Leidenschaft vergessen die beiden oft Krieg und Gefahr. Dann sind sie nur zwei junge Menschen am Beginn ihres Lebens. Hilde bewundert den Mut ihres Liebsten. Er bewegt sich in Widerstandskreisen. Sie selbst ist eher ängstlich, beteiligt sich aber immer beherzter an den Aktionen einer Gruppe, die man später die „Rote Kapelle“ nennen wird.
„In Liebe, eure Hilde“ ist die achte gemeinsame Arbeit von Regisseur Andreas Dresen und Drehbuchautorin Laila Stieler. Der Film basiert auf der wahren Geschichte von Hilde und Hans Coppi, die in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurden. Insgesamt wurden zwischen 1942 und 1943 mehr als 50 Mitglieder der „Roten Kapelle“ ermordet. Eine nahezu zeitlose, wuchtige Liebesgeschichte über Anstand und Widerstand, Intuition und zivile Courage, Würde und Angst.
„In Liebe, eure Hilde ist ein leiser Film, der nicht historisiert, sondern sich in eine zeitlos aktuelle Auseinandersetzung begibt, über Anstand und Widerstand“ (ARD „Titel Thesen Temperamente“).
Am 20. Mai werden sieben weitere Stolpersteine in Konstanz verlegt, die Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ wird zu Beginn eine kurze Einführung in ihre Arbeit geben.
„nach illegal? Von Flucht, Asyl und Ausschaffung. Die Schweiz als Transit 1938 und 1945″ am 19. Mai im Wolkensteinsaal um 19:30 Uhr
Vortrag von Hanno Loewy (Direktor des Jüdischen Museums Hohenems) nach der offiziellen Übergabe der 2025 verlegten Stolpersteine an die Stadt Konstanz: Wie errichtet man ein nationales Schweizer Memorial, das an die widersprüchliche Geschichte von Aufnahme und Abweisung erinnert, die die Schweizer Flüchtlingspolitik in den Jahren um den Zweiten Weltkrieg gekennzeichnet hat? Das Jüdische Museum Hohenems widmet dieser Geschichte seit einigen Jahren symbolische Grenzsteine und Audioinstallationen. Nun soll daraus auch ein fester Ort werden, ein „Vermittlungszentrum Flucht” als transnationaler Bestandteil eines nationalen Erinnerungsprojektes.
Tausende von Menschen, Jüdinnen und Juden, politische Widerständlerinnen und Zwangsarbeiterinnen, Kriegsgefangene und Deserteure versuchten zwischen 1933 und 1945 über den Rhein in die Freiheit zu gelangen. Kamen die Ersten schon unmittelbar nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 über Basel in die Schweiz, so verdichtete sich das Fluchtgeschehen 1938 auf die Grenze am Alpenrhein zwischen Bodensee und Feldkirch und am Hochrhein zwischen Konstanz und Basel.
Ein Team des Jüdischen Museums und ein hochkarätiger Beirat in der Schweiz arbeiten nun daran, die Grundlagen für einen lebendigen Vermittlungsort am alten Rhein zwischen Hohenems und Diepoldsau zu entwickeln – und die vielen individuellen Lebensgeschichten der Geflüchteten und ihrer Nachkommen zu rekonstruieren. Geschichten, die irritierende Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen. Siehe auch hier.
Ausstellung „ÜberLeben erzählen – das Massaker von Sant’Anna di Stazzema“ vom 14. bis 31. Mai im Bürgersaal
Multimediale Ausstellung zum Gedenken an das Massaker von Sant’Anna di Stazzema
Am 12. August 1944 verübte die SS im italienischen Dorf Sant’Anna di Stazzema ein Massaker, bei dem mindestens 560 Menschen, darunter ca. 130 Kinder, auf brutale Art und Weise ermordet wurden. Zehn der noch lebenden Täter wurden 2004 in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt. Die ermittelnde Stuttgarter Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren am 26. September 2012 jedoch ein. Bis heute ist das Verbrechen ungesühnt. Das Verhalten der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gilt als Justizskandal.
Die Ausstellung widmet sich den Kindern von Sant’Anna di Stazzema, die das SS-Massaker am 12. August 1944 überlebt haben. Sie, ihre Kinder und Enkel erzählen auf sehr unterschiedliche Weise über das Leben mit und nach dem Massaker: Ihre Erzählungen können Besucher und Besucherinnen in Bild, Ton, Film und Texten vom 14. bis 31. Mai 2025 zwischen 10 und 18 Uhr auf sich wirken lassen.
Die Ausstellung wurde von ca. 40 Studierenden der Universität Konstanz unter Leitung der Ethnologin Dr. Maria Lidola, der Literaturwissenschaftlerin Dr. Sarah Seidel und Petra Quintini erstellt. Mehr Informationen dazu hier.
MMs; Bild: Jupp Kaiser, VVN/BdA Oberschwaben
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