Am 26. Oktober um 19 Uhr beginnt im Quartierszentrum Berchen die Vortragsreihe „Vom Gießberg in die Stadt“. An verschiedenen Orten stellen Wissenschaftler:innen und Berater:innen der Universität Projekte vor, die in Kooperation mit städtischen Akteuren durchgeführt wurden. Alle Konstanzerinnen und Konstanzer sind herzlich eingeladen.
„Wollen wir nicht einmal raus aus dem Zentrum?“ fragte mich meine Kollegin Sibylle Mühleisen. „Ja, klar,“ meinte ich, „wohin?“ Denn viele Konstanzerinnen und Konstanzer sind ja der Ansicht, dass sich die Universität erst gar keine Peripherie suchen muss, weil sie selber eine ist. Weit weg vom städtischen Leben, betont und ausgestellt elitär und „exzellent“, interessiert an Fragen, die in der Stadt niemanden interessieren und mit Antworten, die ausschließlich für sie selbst interessant sind. Aus welchem Zentrum also will die Universität hinaus?
In diesem Fall fiel die Antwort nicht schwer: bereits im letzten Semester hatte das Team Transfer Lehre eine Vortragsreihe an verschiedenen Orten außerhalb der Universität organisiert: im Seniorenzentrum und in der Gebhardsschule, im Café Doppio und im Café Blende 8, im Atelier der Malerin Sabine Becker und im Treffpunkt Petershausen. Einmal hatten wir an eine neue Einrichtung der Universität eingeladen: ins FabLab. Genauso wollen wir es auch diesmal halten.
Die Vortragsreihe, die am 26. Oktober im Quartierszentrum Berchen beginnt, stellt Projekte vor, bei denen Universität und Stadtgesellschaft in aktive Kooperation miteinander getreten sind. Sie ist eine Möglichkeit, diese Projekte kennenzulernen, mit Lehrenden und Studierenden ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen, aber auch Anregungen zu geben. Welche Projekte sollte die Universität angehen? Für welche Probleme sollte sie sich interessieren?
Im letzten Semester waren auch Mitglieder des Gemeinderates bei Vorträgen präsent. Sie zeigten sich überrascht über die bereits existierende Vielfalt der Zusammenarbeit. Vielleicht ist eine Antwort, die man in Konstanz auf die Peripherie der Universität geben kann, deshalb auch: der Gießberg ist elitär, ja, aber er ist auch präsent und nahbar und will das auch sein. Vielleicht kann eine Antwort auf die Frage nach der Randständigkeit scheinbar unverständlicher Wissenschaft sein, dass nur eine hohe Qualität von Forschung es überhaupt möglich macht, in Kontakt zu treten. Weil es sonst nämlich nichts zu sagen gäbe. Nichts Neues zumindest. Und natürlich muss eine Antwort lauten: die selbstgewählte und vielleicht notwendige Isolation von Grundlagenforschung muss immer wieder durchbrochen werden durch Kommunikation und Dialog, aber auch durch ganz aktive Zusammenarbeit. In solchen Kooperationsprojekten sind beide Partner Gebende und Nehmende, da geht es um ein Neuland, das nur gemeinsam entdeckt und erschlossen werden kann.
Der erste Vortrag der Kulturanthropologin und Bildungsforscherin Kathrin Leipold im Quartierszentrum Berchen am 26. Oktober um 19 Uhr analysiert, wie sich die Praxis solcher Kooperationen das Verständnis, was diese Zusammenarbeit eigentlich ist und was sie leisten kann und soll, prägt und wie umgekehrt der Sinn, den man dem Austausch gibt, das Feld dessen, was möglich und machbar ist, definiert.
Zwei Wochen später laden wir ins Rosgartenmuseum ein. Am 9. November, ebenfalls um 19 Uhr, stellt Steffen Bogen eine spielerische Form, sich Wissen in einem Museum anzueignen, vor. Mittels Tablet können Besucherinnen und Besucher Gefahren, die der Sammlung drohen abwenden und dabei sehr viel über die ausgestellen Objekte lernen. Zum Mitspielen wird eingeladen.
Am 23. November stellt das Team der Gründungsberatung von Universität um 19 Uhr im Coworkingspace St. Johann Möglichkeiten vor, wie aus wissenschaftlichem Wissen wirtschaftlich verwertbare Produkte und Dienstleistungen werden. Besonders für Vertreter:innen der lokalen Wirtschaft könnte dieser Termin spannend sein.
Das neue Jahr eröffnen wir mit einer Ausstellung einer Studierendengruppe unter Leitung der Ethnologin Katharina Bodirsky. In ihrem Seminar haben sich die Studierenden mit der Frage nachhaltigen und solidarischen Wirtschaftens beschäftigt. Sie haben dabei mit Initiativen aus der Region kooperiert und stellen die Ergebnisse ihrer Recherche in der Galerie der VHS aus. Der 10. Januar, wieder um 19 Uhr, ist die Vernissage der Ausstellung.
Zum Abschluss unserer Reihe laden wir alle Konstanzerinnen und Konstanzer auf den Gießberg ein. Der Prorektor für Forschung, Malte Drescher, lädt ein, Einrichtungen und Projekte der Universität kennenzulernen: FabLab, Escape Room, Zoo und Schiffsexkursion, NanoLab, Schülerlabor und Imaging Hangar – all diese Räume können Sie besichtigen und nebenher lernen, warum der Gießberg momentan wie eine Großbaustelle aussieht und die Uni mit einem Teil ihrer Vorlesungen im Konzil zu Gast ist. Treffpunkt ist der Hörsaal R 513 am 25. Januar um 19 Uhr.
Wir würden uns über eine große Beteiligung freuen. Denn: diese Projekte sind nicht ‚zusätzlich‘ oder ‚rein kommunikativ‘ – sie sind essentiell für das Miteinander von Wissenschaft und der sie beauftragenden und legitimierenden Zivilgesellschaft. Je enger die Verbindungen zwischen beiden sind, umso intensiver und auch variabler ist das, was in Kooperationen geleistet werden kann. Die Unterscheidung von Zentrum und Peripherie stellt sich in eng verknüpften Netzwerken nicht mehr: der Gießberg ist in der Stadt und die Stadt auf dem Gießberg.
Text: Albert Kümmel-Schnur, Symbolbild von Simon auf Pixabay
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