Ratssaal 2025 07 28 01 © harald borges

Statistik macht Spaß: Konstanz nackt

Text & Foto: Harald Borges
Ratssaal 2025 07 28 01 © harald borges

Gestern wurde im Ratssaal die Broschüre „Konstanz in Zahlen 2025“ vorgestellt. Darin werden wichtige und interessante statistische Daten aus Konstanz und Kreuzlingen präsentiert: Wie groß, wie viele Ärzt*innen – und wie es um den Mallorca-Index steht.

Das städtische Amt für Digitalisierung und IT – Datenmanagement und Statistik begeht mit der neuen Ausgabe das 20-jährige Jubiläum dieses 2006 erstmals erschienenen Werkes, das heuer in einer Druckauflage von 5000 Exemplaren sowie als PDF zum kostenlosen Download angeboten wird. Hier eine kleine Blütenlese aus der Flut nüchterner Tatsachen.

Mit einer größten Nord-Süd-Ausdehnung von 12 Kilometern und einer maximalen Ost-West-Ausdehnung von 10 Kilometern bei einer Uferlänge von 34 Kilometern verfügt Konstanz über eine Fläche von 54,1 Quadratkilometern. Angesichts der dichten Bebauung mit Gebäuden, Verkehrsflächen etc. überrascht es, dass rund zwei Drittel der Gesamtfläche auf Landwirtschafts- und Waldflächen entfallen, während Wohnbebauung und Verkehrsflächen zusammen nur 20 Prozent einnehmen.

Auf dieser gleichbleibenden Fläche wird es allerdings immer enger, denn die Zahl der Menschen mit einem Hauptwohnsitz hat von 2019 bis 2024 von 86.332 auf 87.368 zugenommen, darunter 1709 Menschen mit italienischer, 1254 mit ukrainischer und 1081 mit türkischer Staatsangehörigkeit. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Wohnungen von 45.064 auf 47.126 gestiegen.

Touristik in der Statistik

Der Massentourismus, für die Einen Segen, für die Anderen Fluch, ist in Konstanz besonders spürbar, zumindest nach Meinung jener Konstanzer*innen, die nicht an der Beherbergung verdienen. Die Zahl der Ankünfte ist zwischen 2019 und 2024 von 433.461 auf 511.650 Gäste gestiegen, die im Schnitt 2,26 Übernachtungen buchten, was 2024 insgesamt 1.157.482 Übernachtungen bedeutete. Damit entfielen im letzten Jahr auf jede/n der 87.368 Einwohner*innen rund 13 Übernachtungen – ob es Sinn macht, dabei von Übertourismus zu sprechen, ist umstritten, müssen die Mallorquiner*innen doch pro Kopf viermal so viele Übernachtungen bewältigen.

Auffällig ist der – wiederum im Vergleich zu Mallorca – recht geringe Anteil ausländischer Tourist*innen: Im Konstanz machten sie 26,6 Prozent aus, wobei die größten Gruppen aus der Schweiz, Österreich und Frankreich kamen. Vielleicht waren es ja auch nur so wenige, weil ihnen deutsche Tourist*innen satte 78 Prozent der Betten wegschnappten?

Bedenkliche Werte

Seite 1 aus konstanz in zahlen 2025.pdf

Andere Werte hingegen geben zu denken: Die Zahl der Ärzte etwa, die angesichts der gestiegenen Einwohner*innenzahl, des steigenden Durchschnittsalters und der immer längeren Lebens- und Krankheitsdauer eigentlich deutlich steigen sollte, hat dies nicht nennenswert getan. Zwischen 2019 und 2024 sank die Zahl der Zahnärzt*innen von 78 auf 73, und die Zahl der Apotheken ging von 22 auf 20 zurück, während die Zahl der Kassenärzte und Psychotherapeuten nur von 255 auf 258 stieg, darunter 60 Hausärzte.

Andere Zahlen wiederum sind nicht so stark gesunken, wie sich das einige Optimist*innen vermutlich gewünscht hätten. Pro Kopf landeten im letzten Jahr immer noch 127 Kilogramm Restmüll in der grauen Tonne, was einem Rückgang in fünf Jahren von nur 3 Kilogramm entspricht. Das Recycling hingegen schwächelte: Statt 75 gab es nur noch 61 Kilogramm Papier – vielleicht wird aber in Zeiten der digitalen Medien nicht mehr so viel gedruckte Zeitung gelesen? Auch der Trinkwasserverbrauch sank im Vergleichszeitraum nur von 109,8 auf 106,2 Liter pro Kopf.

Aber zurück zum Papier: Sie hätten sicher nicht gedacht, dass in den Konstanzer Bibliotheken Millionen von Bücher*innen für die Leserschaft bereitgehalten werden, Tendenz leicht steigend? Spitzenreiterin ist natürlich die (auch für Normalmenschen zugängliche) Universitätsbibliothek mit 2.234.904 Medien, gefolgt von der Bibliothek der HTWG mit 273.845 Stück und der Stadtbibliothek mit 83.845 Medien, die 2024 im Schnitt 5,35 mal ausgeliehen wurden.

Papst und Luther passé

Erfreulich ist allerdings die Entwicklung der Kirchenmitgliedschaft. Selbst in dieser Gegend, von der es doch so gern heißt, sie ziehe spirituelle Menschen besonders an, geht sie nämlich deutlich zurück. Waren 2019 noch 29.341 Menschen, 34 Prozent der Bevölkerung, als römisch-katholisch registriert, waren es 2024 nur noch 24.372 Personen und damit 28 Prozent. Ähnlich geschehen im Lager der Protestanten, deren Zahl im gleichen Zeitraum von 17.586 auf 15.016, also von 20 Prozent der Bevölkerung auf 17 Prozent, zurückging. Selbst mit Wiedertäufern und anderen christlichen Gruppierungen, die in der Statistik keinen Niederschlag finden, dürften also deutlich weniger als 50 Prozent der Konstanzer*innen organisierte Christen sein.

Ganz abgesehen davon, dass sich unter den verbliebenen Kirchenmitgliedern viele – von echten Kirchenmenschen zutiefst verachtete – laue „Festtagschristen“ befinden, die bei ihrem einzigen Kirchenbesuch im Jahr an Weihnachten mit einem scheinheiligen Blick zum Hochaltar ein paar Hosenknöpfe in den Klingelbeutel werfen.

Quellen: Download der Broschüre „Konstanz in Zahlen 2025“, weitere Statistiken.

Text & Foto: Harald Borges

Eine Antwort

  1. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    Nun die Anzahl der Kirchenmitglieder sinken überall, das ist keine Überraschung. Der letzte Satz des Beitrags, mag er auch witzig gemeint sein, ist nicht nur ein sprachlicher Lindwurm, er ist auch unrichtig. Menschen dürfen sich in Kirchengemeinden immer willkommen fühlen, egal ob sie sonntäglich oder nur zweimal im Jahr in die Kirche kommen.

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