Safran infostand an der uni 2025 06 04 © davina gorelenkov

Protest gegen Rüstungsfirma: Uni ruft Polizei

Ein Kommentar

Safran infostand an der uni 2025 06 04 © davina gorelenkov
Der Andrang hielt sich in Grenzen: Uni-Stand von Safran Vectronix am Karrieretag

Seit Jahren veranstaltet die Uni Konstanz einen sogenannten „Karrieretag am See“, um ihren Studierenden die Möglichkeit zu geben, direkt mit Firmen in Kontakt zu treten. Das taten diese auch diesmal – allerdings etwas anders als sonst. In einer gemeinsamen Erklärung berichtet die Hochschulgruppe „Students for Palestine“ über ihre Aktion. Und die erstaunliche Reaktion des Rektorats.

Vergangenen Mittwoch, morgens 10 Uhr: Im Eingangsbereich der Uni Konstanz fiel einem Mitglied der Hochschulgruppe Students for Palestine unter den dreissig Unternehmen, die der Career Service, der Studierende beim Berufseinstieg unterstützt, dieses Jahr zum „Karrietetag“ eingeladen hatte, eines auf: Sein Informationsstand war mit Tarnmuster versehen. Eine kurze Recherche ergab, dass der Standbetreiber Safran Vectronix AG zur Safran Group gehört –  einem Konzern, der militärische Produkte wie beispielsweise Kampfflugzeuge vertreibt. Unter anderem kooperiert die Firma auch mit dem israelischen Luft- und Raumfahrtkonzern ELBIT und lieferte mehrfach Waffensysteme nach Israel, was auch anderswo schon Protest auslöste. 

Ein Blick auf die Website des Career Services verrät, dass das Unternehmen mindestens 2000 Euro für den Stand bezahlt haben muss. Der Website ist weiter zu entnehmen, dass die Messe eine Veranstaltung der Uni ist und interessierte Firmen sich über eine Mailadresse der uni-konstanz.de melden können. Die Uni verdient also direkt daran, dass Waffenkonzerne an dieser werben dürfen.

Brandschutz und Personenfeststellung

Die Information verbreitete sich schnell, denn für uns war klar: So ein Unternehmen hat auf einer Ausstellung an der Uni nichts zu suchen! Kurzerhand einigten wir uns darauf, Flyer mit der Aufschrift „Stop Arming Israel. End All Complicity“ zu verteilen und vor dem Stand zu demonstrieren.

Ein Aktivist der Hochschulgruppe setzte sich zunächst allein direkt vor den Stand des Unternehmens. Auf dem Schild, dass er kurz zuvor gemalt hatte, hieß es „Keine Safran-Kooperation mit Genozid!“. Kurze Zeit später forderten zwei Angestellte des Hausdienstes ihn auf, sich weiter nach hinten zu setzen, um den Standbetrieb nicht zu stören. Bemerkenswerterweise erwähnen Organisator:innen der Veranstaltung ihm gegenüber, dass auch sie wenig begeistert von der Teilnahme des Konzerns an der Messe seien. Künftig würden sie bei der Anmeldung gern strengere Rahmenbedingungen schaffen, kurzfristig sei aber nichts zu machen.

Bald darauf beteiligten sich weitere fünf Personen am Protest. Nur Minuten später forderte uns jedoch der Hausmeister auf, den Bereich zu verlassen. Aus „Brandschutzgründen“ sollten wir uns auf einen Platz abseits der eigentlichen Messe begeben. Außerdem nahm er Personalien auf – trotz des mehrfachen Hinweises, dass es sich um eine spontane Versammlung handelte. Dies sei ein „Entgegenkommen“ gewesen, hieß es später. 

Filmaufnahmen und ein Flyerwurf

Danach kamen weitere Aktivist:innen hinzu. Sie hatten zusätzliche Plakate und Flyer organisiert und bauten einen eigenen Stand auf, doch die Lage, an die wir verwiesen wurden, war für uns nicht akzeptabel. Denn so konnte Safran ungehindert weiter für sich werben. Um 13:30 Uhr führten deshalb rund zwanzig Studierende den Protest direkt vor dem Rüstungsunternehmen fort. Diesmal wurden Parolen wie „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“, „Shame on you“ und „Deutschland finanziert, Israel bombardiert“ gerufen.

Safran infostand an der uni 2025 06 04©jonne meixner

Es dauerte nicht lange, bis der Hausdienst erneut den Protest aufzulösen versuchte – vergeblich. Daraufhin wurde das Rektorat gerufen, das Mitarbeiter losschickte, die kurze Zeit später eintrafen. Eine Person, die sich als „Mitglied des Rektorats“ ausgab, filmte die Protestaktion. Als eine Studentin verlangte, das Videomaterial zu löschen, verweigerte sie dies mit der Begründung, sie würde der Rektorin Katharina Holzinger gerne zeigen wollen, was in ihrer Universität passiert.

Zudem setzte ein Mitglied des Rektorat eine Person unter Druck, die man für die Eilversammlung verantwortlich hielt: Sie solle die Veranstaltung sofort beenden. Erneut erklärten wir, dass das nicht möglich sei: Es gab keine Leitung für die „Veranstaltung“. Zeitgleich trat eine Studentin auf den Safran-Stand zu und warf die restlichen Flyer in Richtung des Standes – mit Erfolg. Kurz danach bauten die Safran-Mitarbeiter:innen den Stand ab und verließen kurz vor 14 Uhr unter Beifall die Universität. 

Polizei an der Uni

Damit endete auch der Protest. Kurz danach traf die Polizei ein. Etwa sechs Beamt:innen hatten sich in mehreren Polizeiwagen auf den Weg zum Gießberg gemacht. Unklar ist, wer die Polizei kontaktiert hatte – und warum. „Es ist absurd, dass die Uni versucht, demokratische Meinungsäußerungen durch das Einschalten der Polizei zu unterbinden“, empörte sich eine Aktivistin nach der Aktion. Die Uni habe das eigentliche Problem verfehlt, sagte ein Student: „Der eigentliche Skandal besteht doch darin, dass Waffenkonzerne an der Uni Werbung machen und die Uni sogar daran verdient – und nicht, dass Studierende dagegen protestieren.“ Mehrere der Aktivist:innen beklagen zudem, dass die Univerwaltung  den Protest von Beginn an und mehrfach zu verhindern versuchte. 

Einig waren sich die Aktivist:innen darin, dass es moralisch schlicht nicht haltbar ist, Firmen wie Safran Raum auf unserem Campus zu geben: „Wir verurteilen das fahrlässige Handeln der Uni Konstanz und verteidigen weiterhin unseren Protest. Die Verantwortlichen fordern wir auf, ihre Fehlreaktion aufzuarbeiten und Richtlinien zu verabschieden, damit Waffenkonzerne – Komplizen des fortschreitenden Genozids und Verantwortliche für Leid auf aller Welt – nie wieder Raum an unserer Universität bekommen.“

Mit Blick auf die stetig brutaleren Angriffe des israelischen Militärs auf Palästinenser:innen, der Häufung von Menschenrechtsverbrechen und dem Erstarken von pro-militaristischen Stimmen fragen sich die Aktivist:innen, „wie die Uni in Zukunft auf solche oder ähnliche Proteste reagieren wird“. Dass sich Aktionen in Zukunft häufen könnten, liegt nahe, in Anbetracht der Haushaltslage der Uni und Forderungen, Universitäten in den Dienst der Rüstungsindustrie stellen, wie sie kürzlich erst die CDU in Bremen äußerte. Auch in Baden-Württemberg werden diese Stimmen lauter. Wir kämpfen weiter gegen die Normalisierung der Mittäterschaft Deutschlands am voranschreitenden Genozid und dazu gehört der Kampf gegen eine drohende Militarisierung unserer Universitäten.

Text und Foto: Students for Palestine

Ein Kommentar

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    Die Reaktion des „Rektorats“ war und ist mitnichten erstaunlich.
    Die Gruppe der Prostler ist lautstark und z.T. aggressiv aufgetreten und hat die Veranstaltung bewußt und gezielt gestört. Wer sich derartig verhält, sollte und und muss mit Konsequenzen rechnen.
    Wäre der Protest, der zunächst von einer Person begonnen worden war, in ruhiger Art und Weise erfolgt, wäre die Reaktion des Rektorats mit Sicherheit eine andere gewesen. Aber ein ruhiger und zivilisierter Protest widerspricht wahrscheinlich dem „pseudo-revolutionären“ und enggeführten hypermoralischen Selbstverständnis der sogenannten „Aktivisten“ und bringt weniger „likes“ und „fame“ in den sogenannten „sozialen“ Netzwerken.
    Ich persönlich empfand die Situation – die ich zeitweise miterlebte – als überaus unangenehm und durchaus bedrohlich.

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