
Die Stadt Konstanz lud am Mittwoch die Bürger*innen zu einer Informationsveranstaltung zum Haushalt in das Bodenseeforum ein. Der OB ging hier auch auf die Notwendigkeit der Erhöhung der Einnahmen ein, klammerte umstrittene Aspekte aber aus. Er wurde aus dem Publikum mit kritischen Fragen konfrontiert.
„Konstanz ist nicht pleite!“, so begann Uli Burchardt seinen Vortrag und ordnete die schwierige Haushaltslage der Stadt in einen größeren Kontext ein: „Wir haben ein Problem mit den Finanzen der Städte und Gemeinden – nicht nur, aber auch in Konstanz.“ Er verwies auf das schuldenfinanzierte Investitionspaket des Bundes. Das Land Baden-Württemberg hat zugesagt, dass den Kommunen im Land über zehn Jahre insgesamt 8,7 Milliarden Euro zu Verfügung gestellt werden sollen.
Investitionen trotz schwieriger Finanzlage
Erfreulich deutlich fiel sein Plädoyer für die notwendigen Investitionen in die Schulen und Sporthallen aus. Die Stadt wird für die Sanierung der Geschwister-Scholl-Schule insgesamt 40 Millionen Euro ausgeben, für die Erweiterung des Suso-Gymnasiums und den Bau einer neuen Sporthalle dort sind 28 Millionen Euro eingeplant. „Der Schulraum wird gebraucht, Kinder sollen nicht in Containern sitzen“, sagte er. Zudem bekannte er sich zum umstrittenen Umbau des Stephansplatzes im Sinne einer Aufwertung der Innenstadt. Hier sollen 4,8 Millionen Euro investiert werden, davon stammen 1,3 Millionen Euro aus Fördermitteln. Uli Burchardt betonte: „Wir müssen sparen, aber dürfen nicht aufhören zu investieren.“
Hoffnung auf Bau-Investoren
OB Burchardt ging auf die enormen Summen ein, die im Rahmen des neuen Stadtteils „Hafner“ eine Rolle spielen, wobei die Belastung des städtischen Haushalts hier trotzdem gering ist. Es sind Ausgaben von 500 Millionen Euro vorgesehen, denen Einnahmen insbesondere aus Grundstücksverkäufen von 459,5 Millionen Euro gegenüberstehen. Aus Burchardts Sicht müssten über den Hafner hinaus in großem Umfang städtische Grundstücke an private Investoren verkauft werden, die dort Bauprojekte realisieren. „Das ist für mich der allerwichtigste Punkt“, sagte er. Er rechnet in den nächsten zehn Jahren mit Einnahmen aus Grundstücksverkäufen von 80 bis 100 Millionen Euro. Das von vielen Stadträt*innen favorisierte Erbpacht-Modell lehnte er klar ab. Zu den ökologischen Folgen einer forcierten Innentwicklung verlor er kein Wort.
Steuererhöhungen als Teil der Konsolidierung
Bezüglich der Grundsteuer erläuterte Uli Burchardt, dass diese in zwei Schritten verändert wurde. Ab Januar 2024 wurde der Hebesatz von 410 auf 510 Punkte erhöht. Ab Januar 2025 erfolgte dann eine aufkommensneutrale Reform. Hintergrund hierfür war, dass das Bundesverfassungsgericht eine andere Bewertung der Grundstücke verlangt hatte. Der Hebesatz wurde mit dem Ziel der Aufkommensneutralität auf 168 Punkte gesenkt. Diese Kalkulation ging aber nicht auf, es fehlt jetzt etwa eine Millionen Euro jährlicher Einnahmen. Daraus folgt zwingend, dass der Hebesatz erneut erhöht werden muss, so dass die Stadt durch die Reform keine Einnahmen verliert.
Uli Burchardt wies darauf hin, dass für zahlreiche Wohnungen die Grundsteuer leicht reduziert wurde, räumte aber ein, dass es auch „brutale“ Erhöhungen für bestimmte Grundstücke gab. Überraschenderweise betonte Burchardt, dass er beim ersten Schritt 2024 eine deutlichere Erhöhung befürwortet habe. Die damaligen Mitglieder des Gemeinderats können sich daran nicht so recht erinnern. Vielleicht ist die Aussage ein versteckter Hinweis darauf, dass eine erneute Erhöhung der Grundsteuer anstehen könnte.

Die zweite kommunale Steuer – die Gewerbesteuer – ignorierte der OB. Hier zeigt sich offenbar wieder seine Nähe zur Wirtschaftslobby. Unternehmen müssen diese Steuer auf erwirtschaftete Gewinne zahlen, so dass Unternehmen in einer schwierigen Lage nicht einmal betroffen wären.
Ein Vorbild bezüglich der Steuererhöhungen könnte Tübingen sein. Der dortige Gemeinderat hat bereits im Juni dieses Jahres beschlossen, die Grundsteuer um 80 Punkte sowie die Gewerbesteuer um 15 Punkte zu erhöhen, und zwar rückwirkend zum Jahresbeginn.
Kritische Fragen aus dem Publikum
Spannend wurde es bei den Fragen der Teilnehmer*innen. Gebhard Straßer kritisierte die fehlende Selbstkritik des OB: „Sie sagen, dass Sie alles richtig gemacht hätten und verweisen auf das Land. Auf eigene Fehler gehen Sie nicht ein. Sowas hätte ich mir als selbständiger Architekt nicht erlauben können.“ Er ging auf die Gasfähre der Stadtwerke ein, die oft nicht in Betrieb sei: „Wir haben eine nicht fahrbereite Fähre.“
Uli Burchardt konterte: „Nach der Insolvenz unserer Hamburger Werft war es eine gigantische Leistung, das Schiff fertigzustellen.“ Auch den Ort der Veranstaltung – das Bodenseeforum – thematisierte Straßer: „Das BoFo wird für Veranstaltungen der Stadt genutzt. Beispielsweise für Abiturfeiern ist es zu teuer.“ Der OB räumte ein, dass er mit dem operativen Defizit von jährlich ca. 1,5 Millionen Euro „nicht glücklich“ sei, betonte aber: „Wir brauchen diesen Saal!“. Bezüglich der Bürgerversammlung zum Haushalt stellte er fest: „Wir sind nicht hier, um Umsatz für das Bodenseeforum zu machen.“
Queere Beratungsstelle
Burkhard Lehner meldete sich als Vorsitzender des CSD-Vereins zu Wort, der jedes Jahr im Sommer den Christopher Street Day in Konstanz veranstaltet – also die Demonstration für queere Rechte. Lehner fragte nach, wie der aktuelle Stand bei der geplanten Beratungsstelle für queere Jugendliche ist. Dort sollen junge Menschen, die sich beispielsweise als trans*, lesbisch oder schwul bezeichnen, eine kompetente Beratung erhalten. Bei den vorhandenen Beratungsangeboten für Jugendliche in Konstanz fehlt derzeit Kompetenz in diesem Bereich, dezidiert queere Beratungsstellen befinden sich weit entfernt in Stuttgart oder Freiburg. Lehner wies darauf hin, dass ein möglicher Träger für das Projekt bereitstehe. OB Burchardt musste passen: „Ich kenne den aktuellen Stand nicht. Ich nehme das mit.“

Die queere Beratungsstelle ist ein Projekt, mit dem sich die Leitung des Sozial- und Jugendamts befasst. Doch aus diesem Amt war offenbar niemand eingebunden, auch Sozialbürgermeister Andreas Osner fehlte. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn stand am Stehtisch im hinteren Teil der Halle, kam aber nicht zu Wort.
Wenn die Haushaltskonsolidierung erfolgreich gestaltet werden soll, darf sie nicht allein Sache des Oberbürgermeisters und der Kämmerei als für Finanzen zuständiges Amt sein. Die „One-Man-Show“ von Uli Burchardt erscheint unangemessen, die drei Bürgermeister hätten gemeinsam auftreten sollen.
***
Hier ist der Link zum „Haushalts-Update“ auf der Internetseite der Stadt. Dort sind auch die Folien zu finden, die der OB bei seinem Vortrag im Bodenseeforum gezeigt hat.


Schreiben Sie einen Kommentar