Ein Forschungsbericht der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt zeigt die Umweltbelastung deutscher Seen durch die Freizeitschifffahrt. Das Foto zeigt die Bootsmesse BOOT & FUN in Werder/Havel © W. Ostendorp

Motorisierte Freizeitschifffahrt auf Seen schadet der Umwelt

Ein Forschungsbericht der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt zeigt die Umweltbelastung deutscher Seen durch die Freizeitschifffahrt. Das Foto zeigt die Bootsmesse BOOT & FUN in Werder/Havel © W. Ostendorp
Bootsmesse Boot & Fun in Werder/Havel © W. Ostendorp

Der motorisierte Wassersport belastet die Ökologie der Seen in Deutschland. Dazu veröffentlichten Wissenschaftler der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt jüngst eine umfassende Studie. Die Forschungen legen Einschränkungen des motorisierten Schiffsverkehrs nahe.

Hier eine leicht bearbeitete Mitteilung der Universität Konstanz.

Forscher des Limnologischen Instituts der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt nahmen die Auswirkungen des zunehmenden Motorbootsports auf Seen unter die Lupe und erarbeiteten Vorschläge für eine umweltverträglichere Entwicklung. Dazu führte die Gruppe 2021 bis 2025 intensive Untersuchungen in mehreren Seenlandschaften Deutschlands durch.

Die meisten Seen in Deutschland befinden sich nicht in dem guten ökologischen Zustand, wie er von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bis 2027 gefordert wird: Die vielfältigen Ursachen dafür gehen laut den Forschenden hauptsächlich auf menschliche Einflüsse zurück. Auch der Wassersport wirke sich schädlich auf die besonders empfindlichen Uferzonen von Seen aus, etwa durch Wellenschlag, Uferverbauungen und infrastrukturellen Flächenverbrauch.

Die Wellen und Schraubenturbulenzen großer Fahrgastschiffe können laut Forschungsbericht erheblich zur Sedimenterosion in der Flachwasserzone von Seen beitragen. Das Foto zeigt das Motorschiff Austria, ausgestattet mit 2 Voith-Schneider-Antrieben von zusammen 1.492 PS (1.097 kW), beim Verlassen des Anlegestegs in Kressbronn a. Bodensee © W. Ostendorp
Die Wellen und Schraubenturbulenzen großer Fahrgastschiffe können laut Forschungsbericht erheblich zur Sedimenterosion in der Flachwasserzone von Seen beitragen. Das Foto zeigt das Motorschiff Austria, ausgestattet mit 2 Voith-Schneider-Antrieben von zusammen 1.492 PS (1.097 kW), beim Verlassen des Anlegestegs in Kressbronn a. Bodensee © W. Ostendorp

Schiffswellen schaden den Uferzonen

„Der Verkehr von großen Fahrgastschiffen und Motorbooten belastet das Seeufer. Denn die Schiffswellen wirken sich auf Tiere und Pflanzen in der Flachwasserzone aus und können zu Aufwirbelung und Verfrachtung der Sedimente führen“, erläutert Frank Peeters, Professor für Umweltphysik an der Universität Konstanz. Peeters, der das Projekt leitete, führte Messungen der Schiffswellen durch und modellierte ihre Ausbreitung im See. So stellte er fest, dass die ökologische Belastung von der Häufigkeit von Schiffspassagen einer Uferstelle und der Höhe und Wellenlänge der Schiffswellen abhängt. Kleinere Schiffe erzeugen niedrigere Wellen als große. Und je langsamer das wellenerzeugende Schiff fährt, desto kleiner sind Höhe und Wellenlänge der Schiffswellen. Außerdem nimmt die Höhe der Welle mit ihrer Laufdistanz ab.

Peeters empfiehlt deshalb, die Intensität der Schifffahrt und die zulässige Größe von Freizeitschiffen zu begrenzen und minimale Uferabstände für Uferparallelfahrten in Seen sowie maximale Fahrtgeschwindigkeiten vorzugeben, die den Abstandsregeln angepasst sind. „Im Bereich besonders schützenswerter Flächen sollten zudem spezifische Fahrtrouten und maximale Fahrgeschwindigkeiten vorgeschrieben werden“, rät der Wissenschaftler, „und Schiffe sollten ihre Geschwindigkeit deutlich vor Erreichen einer Schutzzone verringern müssen.“

Besonders kritisch bei niedrigem Wasserstand

Welche Flächen in der Uferzone durch Schiffswellen betroffen sind, hängt auch vom Wasserstand ab. Daher warnen die Wissenschaftler davor, die Freizeit- und Fahrgastschifffahrt auf Zeiten mit Niedrigwasser auszuweiten, wie beispielsweise im Bodensee auf das Winterhalbjahr. Sie raten dazu, künftig häufiger auftretende Niedrigwasserphasen bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten für eine nachhaltige Freizeitschifffahrt zu berücksichtigen.

Verbaute Uferzonen

Doch auch wenn die Sportboote und Fahrgastschiffe nur still im Hafen liegen, erzeugen sie Umweltprobleme. Nicht nur werden Schadstoffe wie z.B. aus herkömmlichen Antifouling-Anstrichen ins Seewasser eingetragen. Vor allem werden ökologisch wertvolle Lebensräume in der Uferzone verbraucht. Der Bodensee besitzt mit 112 Wasserfahrzeugen je Quadratkilometer Seefläche bzw. etwa einem Boot pro fünf Meter Uferlänge eine sehr hohe Bootsdichte. Verglichen mit den Bootszahlen in Deutschland und der Schweiz entfallen auf den See bereits rund 10 Prozent der gesamten Sportbootflotte dieser Länder. Allein am Bodensee nehmen etwa 618 einzelne Bojenfelder, Stege, Häfen und andere Bootsstationierungsanlagen eine Fläche von mehr als 4,4 Quadratkilometern ein. Jeder genehmigte Liegeplatz verbraucht im Mittel 150 Quadratmeter Ufer- und Wasserfläche.

Räumliche Verteilung der Bootsstationierungsanlagen am Bodensee (Übersicht), © J. und W. Ostendorp (Kartengrundlage: © OpenStreetMap contributors (OSM)/ OpenStreetMap-Lizenz)
Räumliche Verteilung der Bootsstationierungsanlagen am Bodensee (Übersicht), © J. und W. Ostendorp (Kartengrundlage: © OpenStreetMap contributors (OSM)/ OpenStreetMap-Lizenz)

Ein luftbildgestütztes Verfahren, das die Forschenden am Limnologischen Institut entwickelten, führt das räumliche Ausmaß und die ökologischen Folgen der Bootsstationierungsanlagen vor Augen. „Wir sehen eine Vielzahl negativer Einflüsse auf die aquatische Umwelt, die wir angesichts des wachsenden Wassertourismus nicht ignorieren können,“ meint Wolfgang Ostendorp vom Limnologischen Institut. Er will den Behörden und Sportbootverbänden das Verfahren an die Hand geben – als Entscheidungswerkzeug, um mit wertvollen Uferlebensräumen zurückhaltender umzugehen.

Appell an politische Entscheidungsträger

„Insgesamt sind die vorhandenen Daten- und Planungsgrundlagen im motorisierten Wassersport ungenügend“, betont Ralf Köhler, der das Projekt für das Landesamt für Umwelt Brandenburg betreute. „Eine umwelt- und naturschutzverträgliche Entwicklung ist damit nicht zu gewährleisten.“

Die Autoren der Studie befürchten, dass eine Intensivierung der Fahrgast- und Sportschifffahrt auf Seen in Deutschland („Wassertourismus“) die Belastungen der Uferzonen erheblich steigern wird, wenn keine Maßnahmen zur Lenkung des Bootsverkehrs ergriffen werden. „Lokale Maßnahmen sind notwendig, um akuten Problemen zu begegnen und lokale Belastungszonen bestmöglich schützen zu können. Darüber hinaus sollte jedoch eine bundesweite Strategie zur Entwicklung von nachhaltigem Motorbootsport auf Seen erstellt werden, in der Gewässer- und Naturschutz angemessen berücksichtigt werden“, so Ralf Köhler. Adressaten sind keineswegs nur die Behörden. „Selbstverständlich sollen auch die Skipper, die Raumplanung und die Tourismuswirtschaft in die Diskussion einbezogen werden“, betont Projektleiter Peeters.

Der Forschungsbericht ist hier frei zugänglich. Projektwebsite: http://www.subolakes.de

Text: MM

4 Kommentare

  1. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    zu Herrn Mayer
    Frage, was bitte soll die Transferleistung einer älteren Privatperson sein, die weder am Seeufer Party feiert, noch schwimmen geht, nicht paddelt oder sonst wie Boot fährt, nicht außerhalb von Wegen am Seeufer spazieren geht und auch keinen Dreck wegwirft? Vielleicht sich als Vogelscheuche am Seeufer aufstellen um Feiernde abzuschrecken?
    Nein, alles andere wie Bootlefahren ist eben nicht einfach ok. Aber ich gehe auch nicht davon aus, dass Bootlefahrer grundsätzlich gegen einen bewussten Umgang mit der Umwelt sind. Ich hoffe mal, Sie auch nicht, denken Sie an Ihren Blutdruck.

  2. Johannes Mayer

    // am:

    Sehr geehrte Frau Herbert Fischer,
    schade dass sie die Transferleistung, was Party „Lärm“ unter anderem am Seeufer, Badende ausserhalb des Freibades und Paddler in Ufernähe mit Tieren und Pflanzen in der Flachwasserzone zu tun haben, nicht erbringen können oder wollen?

    Aber da sind sie nicht alleine, auch die zuständige Executive kann scheinbar diese Transferleistung nicht erbringen und deshalb löst man das Thema mit einer neuen Studie die als ausschliessliches Problem das Boot erkannt haben will, alles Andere ist voll ok.

    LG

  3. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    zu Herrn Mayer
    Fete bis in die frühen Morgenstunden mit Lärm und Dreck, das muss nicht sein, da stimme ich Ihnen absolut zu. In diesem Beitrag steht allerdings auch nicht, dass das wünschenswert wäre. Genau, – es steht überhaupt nichts dazu drin.
    Als Autofahrerin tue ich mich durchaus schwer, die neuen Geschwindigkeitsbegrenzungen stets im Kopf zu behalten, zum Glück stehen genug Schilder herum, die mich im Zweifelsfall engmaschig daran erinnern. Auch dazu steht im Beitrag – nichts.
    Was ich mich frage ist, was die Feten, für alle Anwohner und auch Spaziergänger ein stetes Ärgernis, was Lärm und Dreck angeht, oder Geschwindigkeitsbegrenzungen im Autoverkehr mit den Ergebnissen der Studie zu tun haben?

    Da steigt mein Blutdruck.

    Soweit ich des Lesens mächtig bin, steht in diesem Beitrag dass eine bundesweite Strategie zur Entwicklung von nachhaltigen Motorbootsport auf Seen erstellt werden soll., Skipper, die Raumplanung und die Tourismuswirtschaft sollen selbstverständlich in die Diskussion einbezogen werden. Das ist auch im Interesse der Bootlefahrer, die ja schöne Landschaft und tollen Seen in Deutschland weiterhin genießen wollen.

  4. Johannes Mayer

    // am:

    Bade- und Partyspass am Bodenseeufer und Seerhein sind o.k? Die Bootlefahrer sind das Problem, die stören?
    Stadtweit Tempo 30 oder 40 wegen “ Lärmschutz“ aber am Seerhein Fete bis in die frühen Morgenstunden ohne „Schutzkonzept“.

    Ich hab schon wieder Puls und Blutdruck und bin kurz vor Nasenbluten.

    LG

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