
42.000 Euro müssten neun Klimaaktivist:innen an das im Kiesabbau tätige Unternehmen zahlen, wenn die millionenschwere Firma mit ihrer Zivilklage Erfolg hätte. Die hohe Summe wird als Schadensersatz für eine Blockadeaktion im Jahr 2021 verlangt, durch die der Betrieb erheblich gestört worden sei. Ein Einschüchterungsversuch?
Seit über einem halben Jahr befinden sich neun Klimaaktivist:innen in einer juristischen Auseinandersetzung mit Meichle + Mohr, wie die „Rote Hilfe Freiburg“ in einer Pressemitteilung schreibt. Im Rahmen einer zivilrechtlichen Klage wirft das Unternehmen mit mehreren Firmenstandorten am Bodensee den Aktivist:innen vor, sich 2021 an einer Blockadeaktion von Kiesgruben beteiligt zu haben, die angeblich zu einer zeitweiligen Einstellung des Kiesabbaus und dem vermeintlichen finanziellen Schaden führten. Die Kiesgruben-Blockade war eine Aktion, die im April 2021 von der Besetzung im Altdorfer Wald ausging.
Die Forderung sei willkürlich, diene vor allem der Abschreckung und entbehre jeder nachvollziehbaren Berechnungsgrundlage, so die „Rote Hilfe“ weiter. Für ein Unternehmen mit Jahresumsätzen in Millionenhöhe sei die Summe finanziell unbedeutend – ihre Erhebung diene offenkundig dazu, einzelne Aktivist:innen einzuschüchtern und die Klimagerechtigkeitsbewegung insgesamt zu schwächen. Denn die Beweislage ist äußerst dünn: So ist zum Beispiel nicht belegt, dass alle Beklagten überhaupt vor Ort waren – für einige ist sogar das Gegenteil gerichtlich festgestellt worden.
„Diese Klage gegen uns ist ein weiterer Versuch, legitimen Protest gegen umweltschädliche Industrieaktivitäten zu kriminalisieren“, erklärt der Klimaaktivist Simon Helmstedt. „Wer sich für den Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzt, darf nicht mit Schadenersatzforderungen überzogen werden“.
Der industrielle Kiesabbau in Baden-Württemberg hat gravierende ökologische Folgen: jährlich entstehen durch den Abbau und Transport erhebliche CO₂-Emissionen, Wälder werden gerodet und die Verkehrsbelastung für die Anwohner:innen nimmt zu. Proteste gegen diese Praktiken werden zunehmend mit juristischen Mitteln bekämpft – oftmals in enger Verzahnung von Unternehmen und staatlichen Institutionen.
Die „Rote Hilfe Freiburg“ solidarisiert sich mit den Betroffenen und fordert die sofortige Rücknahme der Klage. Die Kriminalisierung von Klimaaktivist:innen folgt einem Muster, das darauf abzielt, gesellschaftlichen Widerstand gegen Umweltzerstörung zu brechen. Getroffen werden einige – gemeint sind aber alle, die Widerstand leisten.
Mehr zu den Hintergründen findet sich auf der Website der Umweltaktivist:innen, die im oberschwäbischen Altdorfer Wald vor viereinhalb Jahren ein Baumhausdorf errichtet haben, um ihn vor der Zerstörung durch den Kiesabbau zu schützen. seemoz veröffentlichte zuletzt hier einen Beitrag dazu.
MM, Bild: privat
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