
Auch 2025 wird der Einsatz der Verkehrskadett:innen auf Konstanzer Straßen teurer als geplant. Um auch an den noch kommenden zehn (von insgesamt sechzig) Hoch- und Höchstlasttagen im Jahr den Verkehr regeln zu können, bewilligte der Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) außerplanmäßige 200.000 Euro für das, so der Verwaltungsjargon, manuelle Verkehrsmanagement.
Zum manuellen Verkehrsmanagement (mVm) gehören neben den Verkehrskadett:innen auch der MRK-Security Service, der die Kadett:innen im Konflikt mit allzu renitenten Autofahrer:innen unterstützt, sowie die Einsatzleitung durch das (Triggerwarnung: Neusprech!) „Innovative Veranstaltungs- und Verkehrsmanagement (IVVM) Schlatter“. Veranschlagt waren für 2025 140.000 Euro aus dem Budget der Marketing und Tourismus GmbH und 160.000 Euro aus der Stadtkasse. Doch statt der insgesamt eingeplanten 300.000 Euro werden nun 500.000 Euro gebraucht. Zum Vergleich: 2022 kam man noch mit 200.000 Euro aus.
Warum diese Kostensteigerung? Dass den Kadett:innen, manche kommen auch aus der Schweiz, nun jede hart verdiente Einsatzstunde im Abgasschwall mit 17 statt früher 15 Euro vergütet wird, kann der Grund nicht sein. Die Verwaltung verweist auf besondere Erschwernisse durch die Baustelle Bahnhofsplatz – räumt an anderer Stelle der Vorlage allerdings ein, auch im kommenden Jahr werde man eine halbe Million Euro für das mVm benötigen.
Eine naheliegende Erklärung wäre, dass an den besonders samstäglichen Spitzenlasttagen immer mehr Autos ihren Weg in die Innenstadt und hier besonders ins Lago-Parkhaus suchen. Doch nein. Schuld sind die Fußgänger:innen. So heißt es in der Verwaltungsvorlage 2025-1132, denn „am Lago-Kreisel ist festzustellen, dass sich der Fußverkehr an den Übergängen das Recht zur Querung einfach nimmt bzw. der Kfz-Verkehr den Fußverkehr queren lässt. Wenn der Fußverkehr nicht durch VK [Verkehrskadetten] aufgehalten wird, staut sich der Autoverkehr […] Nachmittags hat dies zur Folge, dass nicht nur der Verkehr auf der Bodanstraße aufgehalten wird, sondern auch dass sich der aus dem Parkhaus Lago ausfließende Verkehr bis ins Parkhaus zurückstaut und dort Stickstoffalarm ausgelöst wird.“
Unerhört! Und die des Verkehrsmanagements unkundigen Automobilist:innen sind auch noch so freundlich und lassen den Fußverkehr einfach queren, anstatt im Sinne des Verkehrsflusses ihr Vorfahrtsrecht durchzusetzen.
„Pseudo-polizeiliches Einsatzmodell“
Die Linderung des verkehrlichen Desasters an den Spitzenlasttagen selbst zu organisieren, das traut sich die Stadtverwaltung offenbar nicht zu. Sie beauftragt damit stattdessen im Zuge einer Public-Private-Partnership den Verkehrsmanager und Rechtsanwalt Daniel Schlatter. Der ist ausweislich seiner Webseiten ein qualifizierter Event-Security- und Safety Manager, dazu zertifizierter Veranstaltungsleiter und auch Beauftragter für Infektionsschutz und Hygiene bei Veranstaltungen, weiterhin geschäftsführender Gesellschafter gleich mehrerer GmbHs rund ums Crowd-Management bei Großveranstaltungen jedweder Art. Wenn’s einer kann, dann dieser Tausendsassa.

Besagter Daniel Schlatter durfte also den Gemeinderät:innen vortragen, warum die Kostensteigerung unausweislich und das mVm unerlässlich sei. Was indes nicht alle Ausschussmitglieder überzeugte. Niklas Becker von der Fraktion Grüne&FGL, die, wie man weiß, keine Freundin des motorisierten Individualverkehrs ist, wertete den Bedarf und die hohen Kosten des Verkehrsmanagements als Beweis dafür, dass der Individualverkehr eben nicht funktioniere. Man müsse die Zugänge zur Innenstadt bei Überlastung eben absperren, was Oberbürgermeister Uli Burchardt leicht genervt als rechtlich nicht machbar zurückwies.
Moritz Schneider (Junges Forum JFK) wetterte gegen ein „pseudo-polizeiliches Einsatzmodell für Jugendliche“ und forderte, statt des manuellen ein digitales Verkehrsmanagement voranzutreiben. Die SPD schimpfte über ein Fass ohne Boden, Achim Schächtle (FDP) machte gleich das ganze C-Konzept mit dem für Autos gesperrten Bahnhofsplatz für die Misere verantwortlich. Ansonsten fügte sich das bürgerliche Lager murrend ins Schicksal der Mehrausgabe. „Wir können den Autoverkehr nicht abschaffen“, wusste Susanne Heiß (Freie Wähler), die einst die von Großvater und Vater aufgebaute Konstanzer Mercedes-Vertretung leitete. „Die Alternative ist das Chaos“, begründete Roger Tscheulin (CDU) seine Zustimmung zur Mehrausgabe.
TINA lässt grüßen
Was würde passieren, wenn der HFK die Mehrausgabe nicht bewilligt und die Kadetten für den Rest des Jahres zuhause blieben? Gegen die denkbare Allianz aus Sparwilligen und Autofeinden im Ausschuss hatte die Verwaltung den Verkehrsmanager Schlatter bereits im Anhang der Vorlage schweres Geschütz auffahren lassen. Nicht nur der Autoverkehr werde zusammenbrechen. Auch für Stadtbusse und Rettungsfahrzeuge gebe es dann auf der Bodanstraße kein Durchkommen mehr! Deshalb stimmte dann auch Walter Mossmann (Linke Liste) für die Mehrausgabe.
Da verhallte dann ein grünes „Machen Sie, was Sie wollen, aber verlangen Sie kein Geld von uns“ (Dorothee Jacobs-Krahnen) ungehört und die Ausschussmehrheit bewilligte die zusätzlichen 200.000 Euro für den Einsatz von Verkehrskadetten & Co. Ein Fall von TINA: „There ist no alternative“.
Die Stadtverwaltung tröstet die ob der stetig wachsenden Kosten für den Kadetteneinsatz Besorgten derweil damit, das manuelle Verkehrsmanagement sei ja nur vorübergehend und werde demnächst durch ein digitales Verkehrsmanagement (dVm), abgelöst, also von einem Netzwerk rechnergesteuerter Ampeln, dynamischer Infotafeln und Wechselwegweiser, die ein schlauer Computer just in time an den aktuellen Verkehrsfluss anpasst. Kosten wird dies, so die letzte Berechnung vor zwei Jahren, schlappe 4,7 Millionen Euro.
Daniel Schlatter verpasste der Hoffnung auf die digitale Zukunft indes einen Dämpfer. Eine manuelle Verkehrsregelung an den Spitzenlasttagen werde zumindest am Lago-Kreisel und am Schnetztor-Knoten auch bei einem digitalen Verkehrsmanagement weiterhin nötig sein. Die Kadett:innen werden der Stadt als „must have“ also erhalten bleiben und auch künftig Einkaufswütigen und Tourist:innen den Weg weisen. Konstanzer Automobilist:innen hingegen, so ist zu hören, fahren inzwischen samstags zum Shoppen lieber nach Singen.
Foto Verkehrskadet:innen © Wikimedia commons [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Verkaufsoffener_Sonntag_-_Sonntagsshopping_(10582225124).jpg] / Foto Stau am Emmishofer Zoll, 15. November 2025 © Pit Wuhrer
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