Erwin Reisacher © Privat

Erwin­-Reisacher-Weg: Rechtswidrige Verweisung im Gemeinderat

Aus der Redaktion
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Legal, illegal, scheißegal? Dem OB und den Bürgerlichen schien nicht nur nach Meinung der SPD jedes Mittel recht, die Umbenennung des Seeuferweges nach dem verdienstvollen und in breiten Kreisen der Konstanzer Bevölkerung sehr beliebten Gewerkschafter Erwin Reisacher zu verzögern oder gar zu verhindern. Inzwischen hat die Verwaltung ihren Fehler eingeräumt und sich entschuldigt.

Eine Mehrheit für die Umbenennung des Seeuferwegs in Erwin-Reisacher-Weg schien sicher. Neben den antragstellenden Fraktionen SPD und JFK sprachen sich in der Debatte auch Linke Liste, FGL/Grüne und sogar die FPD dafür aus, den Gewerkschafter und langjährigen Stadtrat Erwin Reisacher mit einem Straßennamen zu ehren. Und das nicht irgendwo, sondern mit der Umbenennung des vom Ende der Seestraße zum Hörnle verlaufenden Seeuferwegs in Erwin-Reisacher-Weg. 50 Jahre ist es nun her, dass Erwin Reisacher am 1. Mai 1975 die legendäre „Uferbegehung“ durch die damals noch privaten Seegrundstücke anführte und so den Anspruch auf öffentlichen Zugang zum See unterstrich. Achim Schächtle (FDP) brachte Reisachers Wirken auf den Punkt: Die Umbenennung sei eine Würdigung „für jemand der zeigt, dass, wer engagiert ist, auch was erreichen kann“.

Doch CDU, Freie Wähler und die Verwaltung waren dagegen. Zwar wagte niemand, Reisacher grundsätzlich eines Straßennamens für unwürdig zu erklären. Aber bitte doch nicht jetzt und nicht dort. Die beantragte Umbenennung widerspreche den „Allgemeinen Richtlinien der Stadt Konstanz für die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen“, hieß es in der Stellungnahme der Stadtverwaltung. Um großzügig fortzufahren, man könne „Erwin Reisacher“ indes für künftige Straßenbenennungen vormerken.

Nach dem Motto „Wenn du eine Abstimmung nicht gewinnen kannst, versuche zu vertagen“ machte der die Sitzung leitende Oberbürgermeister Uli Burchardt sich den Vorschlag von Roger Tscheulin (CDU) und Jürgen Faden (Freie Wähler) zu eigen, zunächst die (zuletzt 2022 tagende) Straßenbenennungskommission mit dem Thema zu befassen. Für die Verweisung in einen Ausschuss, so bestimmt die städtische Hauptsatzung, braucht es keine Mehrheit: Es genügen sieben Stimmen. So geschehen.

Nicht einverstanden war damit die SPD und teilt dazu mit:

In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde auf Antrag der Fraktionen der SPD und des Jungen Forums Konstanz die Umbenennung des Seeuferweges in Erwin­-Reisacher-Weg behandelt.

Statt den Antrag ordnungsgemäß beraten zu lassen, ließ Oberbürgermeister Uli Burchardt ohne vorausgehenden Geschäftsordnungsantrag über eine Verweisung des Antrags in die Straßenbenennungskommission abstimmen. Die Straßenbenennungskommission ist ein beratendes Gremium ohne Beschlusskompetenz.

Für die Verweisung eines Antrags wird nach den einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnung und der Hauptsatzung der Stadt Konstanz lediglich ein Quorum von einem Sechstel der Mitglieder des Gemeinderates benötigt. OB Burchardt stellte im Anschluss fest, dass das Quorum für die Verweisung erfüllt sei.

Auf entsprechende Einwände von Seiten der SPD-Fraktion ging OB Burchardt in der Gemeinderatssitzung nicht ein.

Nach eingehender Prüfung rügt die SPD-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Konstanz dieses Vorgehen nun in einem Schreiben an den Oberbürgermeister als „rechtswidrig“ und verlangt, die Verweisung rückgängig zu machen und den Antrag erneut auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung im Oktober zu setzen.

SPD-Stadtrat Andreas Hennemann erläutert: ,,Sowohl die Gemeindeordnung als auch die Hauptsatzung erlauben ausschließlich die Verweisung in einen beschließenden Ausschuss des Gemeinderates. Die Verweisung in eine beratende Kommission ist ausgeschlossen.“

Dass es ohne formale Antragsstellung überhaupt zur Abstimmung über eine Verweisung gekommen ist, erbost den SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Jürgen Ruff: „Wenn die formalen Spielregeln nicht eingehalten und Geschäftsordnungsanträge einfach herbeigedeutet werden, dann ist der Weg in die Willkür nicht mehr weit. Klare und transparente Verfahren sind das Rückgrat einer parlamentarisch­ demokratischen Arbeit.“

Darüber hinaus betont die SPD-Fraktion, dass durch die unzulässige Verweisung die Rechte der Gemeinderatsmehrheit verletzt wurden, die sich bereits für die Umbenennung ausgesprochen hatte.

Die SPD-Fraktion hat Oberbürgermeister Burchardt daher schriftlich aufgefordert, die rechtswidrige Verweisung rückgängig zu machen und den Antrag in der kommenden Sitzung regulär zu behandeln.

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Reaktion der Verwaltung

Gestern Mittag entschuldigte sich die Verwaltung, räumte ihren Fehler ein und versprach, den Tagesordnungspunkt auf der nächsten Gemeinderatssitzung am 23.10. zu behandeln. Als Grund für ihr Verhalten führte sie an, „dass das erforderliche Fachwissen in Bezug auf den Verweis in der genannten Sitzung des Gemeinderats aufgrund der gegebenen Personalsituation nicht zur Verfügung stand“. Erstaunlich, dass der OB dieses zur Leitung der Gemeinderatssitzungen erforderliche Fachwissen in seinen nun doch schon 13 Amtsjahren noch nicht erworben hat.

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