Kuhgäßchen, Gerichtsgasse 9, Justiz, Gericht 5.3.2024 © Harald Borges

Ein eigenes Haus für junge Delinquenten

Kuhgäßchen, Gerichtsgasse 9, Justiz, Gericht 5.3.2024 © Harald Borges
Gebäude Gerichtsgasse 9 © Harald Borges

Straffällige Jugendliche und Heranwachsende sollen in Konstanz in Zukunft unter dem gemeinsamen Dach eines „Haus des Jugendrechts“ betreut werden. Kurze Wege sollen den Institutionen und Ämtern eine bessere Zuwendung ermöglichen.

In anderen Kommunen hat sich das Prinzip der Konzentration der Bearbeiter*innen verschiedener Fachrichtungen und Institutionen in einem Haus bereits seit Langem bewährt: Das erste dieser Häuser wurde 1999 als Pilotprojekt in Stuttgart eröffnet. Da es die Erwartungen bestens erfüllte, gibt es mittlerweile bereits rund 30 dieser Einrichtungen in Deutschland. darüber hinaus wurden zahlreiche, teils virtuelle Netzwerke gegründet, in denen sich die Betreuenden austauschen.

In Konstanz existiert nach Angaben der Verwaltung ebenfalls seit rund 25 Jahren eine Kooperation zwischen Jugendamt, Jugendsachbearbeitern der Polizei und der Justiz. In einer „Projektgruppe straffällige Kinder und Jugendliche in Konstanz“ sind dabei neben Jugendgerichtshilfe, Polizei und (Jugend-)Staatsanwaltschaft auch Vertreter*innen der offenen und mobilen Jugendarbeit, ASD, Schulsozialarbeit, Schulamt sowie Jugendhilfeträger vertreten, um Hilfsangebote für delinquente Jugendliche abzustimmen und zu verbessern.

Kurze Wege

Ziel der neuen Einrichtung „Haus des Jugendrechts“ ist es, diese Stellen unter einem Dach zusammenzuführen, um so ihre Zusammenarbeit zu verbessern. „Dann kann jemand von der Staatsanwaltschaft schnell ein paar Zimmer weiter persönlich mit einer Betreuerin über einen Fall sprechen, was die Sache ungemein erleichtert“, erläutert ein Jurist. Beabsichtigt ist damit eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten und eine Beschleunigung der Abläufe, denn man hat erkannt, „dass zwischen Straftat und Reaktion möglichst wenig Zeit liegen sollte, um einen entsprechenden Lern- und Entwicklungserfolg zu erreichen“.

Hintergrund dieser engen Zusammenarbeit zwischen Sozialwesen und Justiz ist „die Leitidee des Jugendgerichtsgesetzes (JGG), Strafverfahren am Erziehungsgedanken auszurichten. Delinquenz wird in diesem Sinne als Unreife bewertet und die Persönlichkeitsentwicklung als noch nicht abgeschlossenen gesehen.“ Anders als im Strafrecht für Erwachsene „sollen sich Reaktionen auf Gesetzesübertritte an möglichst geeigneten Hilfen orientieren mit dem Ziel, zukünftige Fehltritte möglichst zu vermeiden und eine ‚Nachreifung‘ zu fördern.“

Zugleich erhalten damit auch die oftmals unter schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen aufwachsenden Delinquenten und ihre Eltern einen zentralen Anlaufpunkt.

Mitten in der Stadt

Nachdem die Sache vor sich hindümpelte, haben „übergeordnete“ Ebenen der Polizei die flächendeckende Einrichtung solcher Häuser im Ländle für vorrangig erklärt, womit Personal und Geld zur Verfügung gestellt wird. Außerdem gibt es in Konstanz eine geeignete Immobilie, nämlich das ehemalige Familiengericht, das so genannte „Hofersche Areal“ in der Gerichtsgasse 9 (zwischen Costa und Münster), in dem noch ausreichend Platz zur Verfügung steht. Dorthin zu den Juristen sollen in den nächsten Monaten Mitarbeitende des Sozialen Dienstes von ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Verwaltungsgebäude Torkel ziehen. Dabei entsteht aber keine neue Behörde, sondern alle Beteiligten bleiben Mitarbeitende derselben Behörden wie bisher mit denselben Aufgaben, Rollen, gesetzlichen Grundlagen – und Vorgesetzten.

Die Stadt geht davon aus, dass diese Neustrukturierung insgesamt kostenneutral bewerkstelligt werden kann und dass sich die bessere Zusammenarbeit bewähren wird, „um Jugendkriminalität noch besser begegnen und Verfahren nach dem JGG beschleunigen zu können.“

Quelle: Informationsvorlage 2024-3943. Text: O. Pugliese, Symbolbild: Harald Borges

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