Die Kommunalpolitik braucht einen höheren Frauenanteil.

Die Kommunalpolitik braucht einen höheren Frauenanteil

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Die Kommunalpolitik braucht einen höheren Frauenanteil.
Frag deine Gemeinderätin“ – Kennenlern-Abend zwischen Konstanzer:innen und ihren Gemeinderätinnen. Klares Fazit: Mehr Frauen in die Politik!

Frauen sind im Konstanzer Gemeinderat deutlich unterrepräsentiert. Und das soll sich ändern. Unter dem Motto: „Frag deine Gemeinderätin“ luden Gemeinderätinnen vergangene Woche lokalpolitisch interessierte Frauen in Konstanz dazu ein, ihnen „Löcher in den Bauch zu fragen“. Ein erfolgreicher, frauensolidarischer Abend mit dem Ziel, Frauen zu gewinnen, die gemeinsam für eine bessere Stadtgesellschaft kämpfen.

Die Idee eines Kennenlern-Abends zwischen Konstanzer:innen und ihren Gemeinderätinnen ist simpel und klar: Mehr Frauen sollen für ein politisches Ehrenamt für Gemeinderat und Kreistag begeistert werden.

Wie sieht die Arbeit einer Stadträtin aus? Welche Kompetenzen braucht sie? Wie zeitaufwendig ist dieses Ehrenamt und ist es überhaupt vereinbar mit Job und Familie? Welchen Beitrag leisten Frauen in der Lokalpolitik? Und wie erleben sie als Frauen ihre Ämter? Diese und ähnliche Fragen diskutierten Stadträtinnen von vier Fraktionen mit interessierten Frauen. Gefördert wurde das Angebot von der Chancengleichheitsstelle der Stadt Konstanz. Eingeladen haben Stadträtinnen aller Fraktionen, denn mindestens ein gemeinsames politisches Anliegen bewegt sie alle: Den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen. Geschlechterparität hat Auswirkungen auf Politik und die Alltage von Frauen, so ein fraktionsübergreifendes Credo der erfahrenen Rätinnen. Lediglich die FDP-Fraktion war nicht vertreten, da sie nur mit männlichen Mitgliedern im Gemeinderat vertreten ist. Auch waren die Stadträtinnen der CDU und der Linken Liste verhindert, ließen aber Grüße und ihr Interesse am Thema ausrichten.

Stadträtin Christiane Kreitmeier eröffnete die Diskussionsrunde mit einem kleinen Impulsvortrag. Der Frauenanteil in der Kommunalpolitik sei zwar leicht gestiegen und insgesamt sei die Situation der Frauen in der Politik besser geworden. Dennoch seien sie immer noch deutlich in der Minderheit. Von vierzig Gemeinderät:innen sind nur fünfzehn Frauen, also knapp 40% und auch im Kreistag liegt ihr Anteil bei lediglich mageren 27,4%. Und: Bundesweit sind nur 11% der Bürgermeister:innen weiblich und in Konstanz war noch keines der drei Bürgermeisterämter jemals mit einer Frau besetzt.

Anstoß dieser fraktionsübergreifenden Initiative war die Teilnahme des Landkreises Konstanz beim bundesweiten „Aktionsprogramm Kommune: Frauen in die Politik!“, im vergangenen Jahr (https://www.frauen-in-die-politik.com).

In der Kommunalpolitik werden wichtige, greifbare und zukunftsweisende Entscheidungen getroffen und Beschlüsse aller politischen Ebenen, wie Land, Bund und Europäische Union, konkret umgesetzt. Frauen können darin in allen Belangen, von Abfallwirtschaft bis Wirtschaft und Tourismus (https://www.dstgb.de), vielfältig entscheidende Perspektiven einbringen und die Stadtgesellschaft maßgeblich und nachhaltig mitgestalten.

Aktive Kommunalpolitik erfordert Zeit und Begeisterung

Intensiv wurden der Umfang und Zeitaufwand und damit die persönlichen Möglichkeiten für die Mitarbeit von Frauen im Gemeinderat diskutiert. Neben den Gemeinderatssitzungen ist auch die Teilnahme in den verschiedenen Gremien, Ausschüssen, Aufsichtsräten und Arbeitskreisen obligatorisch und auf kleinere Fraktionen fällt pro Person eine entsprechend höhere Sitzungsdichte. Hinzu kommen im Vorfeld das Lesen der meist sehr umfangreichen Sitzungsvorlagen und Recherchearbeiten. Insgesamt könne die Arbeit zehn bis dreißig Stunden pro Woche in Anspruch nehmen, so die Rätinnen. Zum anderen sorge ein ausschweifendes und sich in der Sache gerne wiederholendes Redeverhalten einiger Männer für längere Sitzungszeiten. So eine Beobachtung, die alle Rätinnen bestätigten. Zwar gebe es so genannte „Effizienzmaßnahmen“, ihre Umsetzung sei aber nicht immer erfolgreich.

Vor allem für berufstätige Frauen und Mütter ist dieses Zeitpensum eine Herausforderung. Dennoch sei es machbar, bestätigen die Rätinnen, und es gibt helfende, strukturelle Entlastungsmaßnahmen, wie beispielsweise Betreuungsgeld für externe Kinderbetreuung während der Sitzungszeiten. Angestoßen aus der Diskussionsrunde, planen die Rätinnen aktuell eine Anfrage zur aktuellen Nutzung und zu den Auszahlungsmodalitäten des Betreuungsgeldes. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Frauen in der Kommunalpolitik aktiv auch die Bedingungen für ihr Ehrenamt mitgestalten können. Auch sollen hybride Sitzungsmodelle mit Teilnahme in Präsenz oder online zukünftig ermöglicht werden.

Weitere Fragen bezogen sich auf finanzielle Aufwandsentschädigungen für Sitzungszeiten, die Aufteilung der Teilnahme in den Ausschüssen, den Umgang mit aktiver Frauenförderung in den Fraktionen, wie auch Quotenregelungen oder Reißverschlussverfahren und Barrieren in der Ratsarbeit durch männlich dominierte Politikstile.

Voreingenommenheiten und männliche Machtspielchen

Sind Männer die besseren Experten? Mitnichten. „Fast niemand (im Gemeinderat) hat formale Kompetenzen,“ so eine Stadträtin. Gemeinderatsmitglieder sollten möglichst die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln und aus den verschiedensten Berufsgruppen kommen. Ein frommer Wunsch, der mit den Realitäten nicht stand hält. In der Regel seien die Räte keine Finanz-, Straßenbau- oder sonstige Experten. Dennoch, so die Rätinnen, schrieben sich männliche Räte gerne allerlei Expertisen zu, die sie den Frauen absprechen würden. Das führe auch dazu, dass die weiblichen Mandatsträgerinnen oft das Gefühl hätten, sich besonders gründlich auf Sitzungen vorbereiten zu müssen. Insbesondere junge Rätinnen machen diese Erfahrung und nicht selten bekämen sie ungewollte Ratschläge von männlichen Räten. „Mansplaining“ wird dieses allgemein bekannte und unschöne Problem im Umgang mit Männern genannt. Weitere Machtspielchen seien ignorantes Gehabe oder respektloses Getuschel männlicher Räte während der Redebeiträge von Frauen im Stadtparlament. Auch die Unsitte, frauenspezifische Themen der Lächerlichkeit auszusetzen, käme manchmal vor, so erlebt im Kreistag beim Thema „kostenlose Menstruationsprodukte.“

Kommunalpolitik ist konkret, sinnvoll und macht Freude

Von einer halbierten Macht, einer paritätischen Verteilung, sind Frauen auf allen politischen Ebenen noch weit entfernt. Doch ungeachtet aller Hürden berichteten die Stadträtinnen begeistert von ihrer Arbeit. Lokalpolitik sei spannend, Abstimmungen selten vorhersehbar und oft fraktionsunabhängig an den Sachfragen orientiert. Die Arbeit mache ihnen durchgehend Freude, da sie sehr konkret und nah am Alltag der Menschen sei. Davon zeugt auch das langjährige Engagement vieler Rätinnen. Sie gaben viele, detailreiche Einblicke in ihre Arbeit und der solidarische Austausch, unabhängig von Parteizugehörigkeiten, war unerwartet erfrischend. Nach diesem regen Interesse wird über ein Wiederholungstreffen nachgedacht.

Klares Fazit: Mehr Frauen in die Politik!

In der Ausgestaltung von Feminismus und Macht haben die Fraktionen mit Sicherheit gänzlich unterschiedliche Positionen. Eines wollen sie aber alle, zumindest die Fraktionsfrauen: Mehr engagierte Mitstreiterinnen gewinnen, die sich zur Wahl auf die Listen aufstellen lassen und vor allem solche, die auch aktiv in den Gemeinderat gewählt werden wollen. Die Wahllisten werden noch in diesem Jahr erstellt. Alle kommunalpolitisch interessierten Frauen sind eingeladen, sich an die Rätin ihrer Wahl zu wenden (https://www.konstanz.sitzung-online.de) oder ihre bevorzugte Fraktion bei den offenen Fraktionssitzungen, die alle am Montag abend am Fischmarkt 2 stattfinden, aufzusuchen und sich einzubringen.

Text: Anna Blank
Bild: Privat

2 Kommentare

  1. Susanne Trunk

    // am:

    Danke für den tollen Artikel. Sollte es ein weiteres Treffen und einen weiteren Artikel hierzu geben, würde ich mir ein bisschen womensplaining wünschen. Es wäre schön einmal auszuleuchten warum die Sicht der Frauen in diesem Zusammenhang wichtig ist. Denn dort, wo dies der Fall ist, werden Entscheidungen getroffen, die die Bedürfnisse aller (!) Menschen berücksichtigen.

  2. Wolfgang Daub

    // am:

    Wir brauchen bessere Politik auf allen Ebenen!
    Wenn ich mir aber die Ampel anschaue, dann war da Quote statt Qualifikation das Einstellungskriterium bei den Ministern und Ministerinnen!
    Entsprechend haben wir jetzt die schlechteste Bundesregierung seit mehr als fünfzig Jahren!
    Ich habe jedenfalls noch nie derart viele unterqualifizierte Menschen auf wichtigen Positionen erlebt!

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