
Angesichts leerer Kassen will die Verwaltung nicht nur stramm sparen, sondern auch höhere Einnahmen erzielen. Deshalb soll der Gemeinderat am nächsten Dienstag auch bei der Grundsteuer zuschlagen.
Der Stadt steht das Wasser bis zum Hals, daher sollen jetzt die Grundsteuerhebesätze „angepasst“ werden – und das meint in diesem Falle natürlich keine Anpassung an die leeren Portemonnaies der darbenden und unter fetten Mieterhöhungen ächzenden Normalo:innen, sondern eine Anpassung an den großen Finanzbedarf der Stadt.
Die Ausgangslage ist nach Angaben der Stadtverwaltung sehr unerfreulich: Die seit 01.01.2025 gültige neue Grundsteuerberechnungsmethode hat für die Stadt zu erheblichen Mindereinnahmen geführt, obwohl sie doch eigentlich aufkommensneutral hätte sein sollen. Das passt der Stadt natürlich gar nicht, denn die „entsprechenden Schritte“ zur Steuerberechnung der Grundsteuer B „liegen in der Zuständigkeit des Finanzamts und werden in gesonderten Bescheiden gegenüber den Grundstückseigentümern festgesetzt. An diesen Bescheid ist die Stadt gesetzlich zwingend gebunden, ein Einspruchsrecht hat sie dabei nicht“, schreibt sie. (Grundsteuer A [agrarisch] wird übrigens auf land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke angewendet, Grundsteuer B [baulich] auf bebaute und unbebaute gewerbliche und private Grundstücke.)
Mindereinnahmen
Natürlich ist die Grundsteuer B eine ideale Kuh, da sie nicht nur keine Chance hat, vor dem Melker zu fliehen, sondern auch einen großen Batzen in die Stadtkasse spült: In Konstanz fallen 1.558 Grundstücke unter die Grundsteuer A und 32.982 Grundstücke unter die Grundsteuer B. Grundsteuer A hat 2024 noch insgesamt 53.551 Euro eingebracht (ein Nasenwasser also, das auf ca. 18.000 Euro sinken dürfte), Grundsteuer B hingegen 18.083.566 Euro.
Die jetzt geplante Grundsteuererhöhung soll die Verluste durch die Grundsteuerreform 2025 ausgleichen. Dass die Stadt dabei wider die belämmerten Gesetzgeber in Bund und Land austeilt, die ihr diese Mindereinnahmen mit der vom höchsten Gericht erzwungenen Reform eingebrockt haben, versteht sich von selbst.
Ganz machtlos ist die Stadt aber nicht. Sie ist in Fragen der Grundsteuerbescheide zwar vom Finanzamt abhängig, darf aber den „Hebesatz“ selbst festlegen und kann damit die Steuerhöhe beeinflussen.
Das Land Baden-Württemberg „kommunizierte“ der Konstanzer Verwaltung damals mit Blick auf die anstehende Steuerreform, dass ein Hebesatz von 154 bis 170 v.H. dafür ausreichen werde, dass Konstanz nach der Reform genauso viel Grundsteuer erzielen werde wie vorher. Also beschloss der Gemeinderat damals einen Satz von 168 v.H.
Das Vertrauen in diese Auskunft des Landes war, wie sich inzwischen erwies, nicht gerechtfertigt. Obwohl sich Konstanz mit 168 am oberen Ende des Fensters orientierte, liegen die Grundsteuereinnahmen im Jahr 2025 um etwa 1,2 Millionen unter denen des Jahres 2024.
Unwissenheit war erwünscht
Die Stadt sieht für diese Mindereinnahmen zwei Ursachen und lastet sie der Grundsteuerreform an. Beide laufen darauf hinaus, dass die Bürger:innen früher aus Unwissenheit viel zu viel Grundsteuer bezahlt haben: Einerseits haben „mehrere Hundert“ Eigentümer bei gemeinsam genutzten Grundstücken für das gesamte Grundstück und nicht nur für ihren eigenen Anteil bezahlt, andererseits gibt es „Grundstücke, die in zwei verschiedenen Bodenrichtwertzonen liegen. Das Finanzamt war von der Oberfinanzdirektion angewiesen, immer den höheren Bodenrichtwert anzusetzen. Insbesondere aber bei Seegrundstücken mit Naturschutzfläche kommt es damit zu einer extrem hohen Grundsteuer.“ Beide Praktiken wurden bei der Grundsteuerreform jetzt korrigiert (was die Stadt für einen Fehler hält), daher sollen die plötzlichen Mindereinnahmen rühren.
Man reibt sich verdutzt die Augen über die frühere Praxis, mit der die Finanzverwaltung kaltlächelnd offenkundig über einen langen Zeitraum wissentlich „zu viel“ aus uninformierten Grundstückseigentümer:innen und damit auch aus deren Mieter:innen, auf die die Grundsteuer ja umgelegt wird, herausgepresst hat. Dem Laien erscheint das wie Straßenraub, nur dass hier der Räuber darüber meckert, die Opfer hätten plötzlich Polizeischutz, was eine pure Schweinerei sei.
Mieterbund protestiert
Diese Mindereinnahmen schmerzen natürlich. Daher soll der Hebesatz, also jener Faktor der Grundsteuerberechnung, den die Stadt beeinflussen kann, in der nächsten Gemeinderatssitzung von 168 auf 180 erhöht werden, um in etwa wieder auf die alten Einnahmen zu kommen. In den Sitzungsunterlagen werden Beispiele dafür angeführt, wie wenig diese angeblich nur „aufkommensneutrale“ Erhöhung die einzelnen Immobilien trifft.
Diese Erhöhung zahlen letztlich Menschen, die in ihrer eigenen Immobilie leben, sowie – und dies in allererster Linie – Mieter:innen. Das ruft natürlich den Mieterbund auf den Plan, der das alles anders sieht als die Stadt. Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbundes Bodensee, kritisiert, dass die von der Verwaltung in den Sitzungsunterlagen angeführten Rechenbeispiele nicht repräsentativ seien und dass außerdem eine Verschiebung der Grundsteuerlast vom Gewerbe zum Wohnen hin stattfinde. Seine Erklärung schließt: „Wir appellieren an Sie, bei der anstehenden Entscheidung die Kosten des Wohnens nicht weiter zu erhöhen.“
Trotzdem dürften wohl wie gehabt die kleinen Leute wieder mal die Zeche zahlen.
Die öffentliche Sitzung beginnt am Dienstag, 16.12., um 16.00 Uhr im Ratssaal. Um ca. 18.00 Uhr findet die Einwohnerfragestunde statt.
Quellen: Beschlussvorlage ö – 2025-1216, Artikel Grundsteuer in Wikipedia.


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