
In der Sitzung des Gemeinderats am letzten Donnerstag informierte die Stadt Konstanz über die aktuellen Herausforderungen bei der Unterbringung wohnungsloser und geflüchteter Menschen. Im Mittelpunkt stand dabei die Entwicklung der sogenannten Gemeindequote, nach der Konstanz künftig zusätzliche Unterkünfte für Geflüchtete schaffen muss.
In der letzten Gemeinderatssitzung hat die Verwaltung einen Bericht über die Unterbringung von Geflüchteten und Wohnungslosen vorgestellt, der nun jährlich fortgeschrieben werden soll. Demnach versorgt das Ordnungsamt aktuell 324 Wohnungslose (darunter 89 Minderjährige) und 906 Geflüchtete (darunter 286 Minderjährige). Während von den Wohnungslosen nur knapp 20 Prozent in den beiden Gemeinschaftsunterkünften am Fürstenberg und hinter dem Lago leben, die anderen aber über die Stadt verstreut in 102 Wohnungen, muss von den von der Stadt betreuten Geflüchteten jede:r Dritte mit einer Gemeinschaftsunterkunft vorliebnehmen.
Nach der Erstaufnahme in einer Einrichtung des Landes wechseln Geflüchtete schon nach wenigen Wochen in die sogenannte vorläufige Unterbringung und werden dazu auf die Landkreise verteilt. Der Landkreis Konstanz unterhält über das ganze Kreisgebiet verteilt mehrere Gemeinschaftsunterkünfte, davon vier in Konstanz: Am bekanntesten wohl das frühere Messhotel der französischen Garnison in der Steinstraße, weniger prominent die Containerdörfer in Stromeyersdorf, gegenüber dem Finanzamt sowie das Transco-Gebäude in der Max-Stromeyer-Straße.
Nach Abschluss des Asylverfahrens, spätestens nach 24 Monaten, kommen die Geflüchteten in die Anschlussunterbringung und damit in die Zuständigkeit der Gemeinden. Verteilt werden sie auf die Kreisgemeinden im Verhältnis der Einwohnerzahl. Da in Konstanz knapp 30 Prozent aller Kreiseinwohner:innen leben, muss die Stadt auch knapp 30 Prozent aller Anschlussunterbringungsfälle im Landkreis versorgen. Auf diese Quote werden ihr immerhin auch die Geflüchteten angerechnet, die in den vier genannten Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises in der Stadt leben; ebenso jene, die auf dem privaten Wohnungsmarkt aus eigener Kraft eine Bleibe gefunden haben.
Konstanz im Minus
Während Konstanz nach Anfangsschwierigkeiten seine Quote in den letzten Jahren gut erfüllte, steht es seit Frühjahr 2025 gegenüber den anderen Kreisgemeinden im Minus – am 1. Oktober waren das exakt 698 Plätze. Die Stadt muss deshalb in den kommenden Jahren den Großteil der Personen aufnehmen, die das Landratsamt den Kreisgemeinden zur Anschlussunterbringung zuteilt. Bettina Parschat, Abteilungsleiterin im Bürgeramt, rechnet für die kommenden Jahre mit jeweils 100 bis 150 zusätzlichen Plätzen für Geflüchtete, die die Stadt bereitstellen muss.
Doch warum ist Konstanz gegenüber den anderen Gemeinden so ins Minus gerutscht? Wo sind die Geflüchteten hin, die ja offensichtlich zu Hunderten die Stadt verlassen haben? Ein Grund ist der angespannte Wohnungsmarkt. Egal, ob die Miete vom Jobcenter oder aus dem eigenen Einkommen bestritten wird: Wer eine eigene Wohnung will, findet diese eher im Umland als in Konstanz. Hinzu kommt, dass die Kreisunterkunft am früheren Lkw-Parkplatz im Industriegebiet geschlossen und abgebaut wurde, der Stadt damit weniger vorläufig Aufgenommene auf ihre Quote angerechnet werden.
Nicht stichhaltig ist indes das in der Vorlage und auch in der Sitzung selbst vorgetragene Argument, demzufolge auch Einbürgerungen schuld daran seien, dass Konstanz seine Geflüchtetenquote nicht mehr erfüllt. Zwar hat Konstanz im Jahr 2024 377 Menschen eingebürgert, die damit nicht mehr als Geflüchtete zählen. Doch auch andere Kreisgemeinden bürgern ein, im ganzen Landkreis waren das 2024 zusammen 1200 Menschen; damit liegt Konstanz ziemlich genau im Durchschnitt.
In andere Gemeinden abschieben?
In der Diskussion forderte Christiane Kreitmeier (Grüne & FGL), die Stadt müsse die Gemeindequote mit den anderen Kreiskommunen neu verhandeln. Doch warum sollten andere, zumal Gemeinden mit starker AfD-Präsenz, Konstanz bei der Aufnahme von Geflüchteten entlasten?
SPD-Haushälter Jan Welsch reklamierte den Zuschussbedarf bei den Geflüchtetenunterkünften und forderte im Sinne einer „fairen Lastenverteilung“ entsprechende Mieterhöhungen. Worauf er sich von Bettina Parschat entgegnen lassen musste, letztlich bestimme das Jobcenter, bis zu welcher Höhe die Mieten erstattet würden.
Finanziert wird die Unterbringung von Geflüchteten und Wohnungslosen in Konstanz mit einem jährlichen Budget von rund 5,7 Millionen Euro. Ein Teil der Kosten wird über Benutzungsgebühren refinanziert, die überwiegend von den zuständigen Sozialleistungsträgern übernommen werden. Die Stadt erhält zudem für jede Person in der Anschlussunterbringung eine Pauschale vom Landkreis und hat darüber hinaus Fördermittel aus einem EU-Programm für die Schaffung temporärer Unterkünfte eingeworben.
Neue Unterkünfte in der Steinstraße?
Was unternimmt die Stadt, um künftig mehr Geflüchtete unterbringen zu können? Zumal auch das von der Spitalstiftung angemietete Atriumhaus in der Luisenstraße ab Ende 2026 nicht mehr als Geflüchtetenunterkunft verfügbar sein wird, sondern abgerissen werden soll. Auch die geplante Übernahme des Transco-Gebäudes vom Landkreis, also dessen Umwidmung von einer Unterkunft der vorläufigen Unterbringung zu einer der Anschlussunterbringung, entlastet die Konstanzer Aufnahmeverpflichtung nicht.

Auf neue Containerdörfer möchte die Stadt „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, des Zeitbedarfs und der Wohnqualität“ verzichten. Für den Neubau von Geflüchtetenheimen fehlt es an geeigneten Grundstücken, von den Kosten nicht zu reden. Doch es gibt einen Rettungsanker. In der Steinstraße wollte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) eigentlich drei in den 1950ern für die französischen Streitkräfte gebauten „Franzosenhäuser“ abreißen und durch Neubauten ersetzen.
Die Häuser wurden bereits entmietet und stehen leer, doch Abriss und Neubau verzögerten sich. So kam die Stadt zum Zug, konnte bereits in diesem Sommer einen ersten Riegel anmieten und verhandelt aktuell um den Erwerb der beiden anderen, womit dann zusammen 80 Wohnungen mit 250 Plätzen zur Verfügung stünden. Davon sind indes – Achtung: sozialer Sprengstoff! – nicht alle begeistert. Denn wer möchte aus seiner Wohnung vertrieben worden sein, um dann mitanzusehen, dass Geflüchtete dort einziehen? Dabei hätten sie auch bei Abriss und Neubau umziehen müssen.
Fotos: Pit Wuhrer


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