
Im Juni und Anfang Juli war es an einigen Tagen heiß – unerträglich heiß. Normal wären solche Temperaturen vielleicht Anfang August – Karsten Schwanke und Sven Plöger erklärten uns deutlich die Folgen des Klimawandels und Richard David Precht belehrte uns in der taz zynisch, dass eh schon alles zu spät sei.
Ist es das? Tatsächlich ist nicht nur in den USA ein eingefleischter Klimaleugner an die Spitze gewählt worden. Auch hier führt Alice Weidel einen heiligen Kampf gegen Windräder und fühlt sich dabei wahrscheinlich als Jeanne d’Arc, obwohl ihr Tun in diesem Fall eher an Don Quichotte erinnert.
Aber machen wir uns nichts vor: auch in der vergangenen Legislaturperiode hatte Wirtschaftsminister Habeck nichts wichtigeres zu tun, als z. B. vor Rügen LNG-Terminals aus dem Boden zu stampfen. Klimaschutz? (wofür die Grünen ja mal gewählt wurden!) – Fehlanzeige. Und jetzt? Hat mal jemand nachgerechnet, wieviel die aktuell betriebene (Re-)Militarisierung der Gesellschaft nicht nur kostet, sondern auch zum Kohlendioxid-Ausstoß beiträgt: von der Produktion gar nicht zu reden, reicht die Tankfüllung eines „Leopard“ von 1160 l (!) im Normalbetrieb etwa zwei Tage.
Aber bleiben wir auf dem Boden und in unserer „kleinen Stadt am See“. Die Frage dabei: was tut diese Stadt, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und außerdem die Bürger:innen vor den bereits erkennbaren Folgen dessen zu schützen, was bisher versäumt wurde? Der Oberbürgermeister hat ja immerhin schon mal den Klimanotstand ausgerufen – da sollte man doch das eine oder andere erwarten?! Zumindest, dass er etwas gelernt hat, denn einige Zeit vor dem Ausrufen des Klimanotstandes hatte er in völliger Verkennung der Situation noch die Pappeln im Tägermoos abholzen lassen.
Gelernt? Nicht, wenn der mächtige Caritas-Chef und CDU-Kollege ein Pflegeheim bauen will, doppelt so groß, wie unter wissenschaftlichen Aspekten als sinnvoll erachtet: „Ja, da kann man doch nicht kalt und herzlos sein“ (Dreigroschenoper) – nicht kalt und herzlos gegenüber dem Caritas-Chef natürlich … Für dazu zu fällende Kastanien gilt leider etwas anderes. Und man reibt sich verwundert die Augen:
Die jährlichen (Übersterblichkeits-)Statistiken weisen aus, dass vor allem alte Menschen durch Hitze gefährdet sind und dann werden ausgerechnet für ein Pflegeheim Bäume gefällt, die wenigstens lokal die Hitzefolgen noch etwas hätten abmildern können.
Umau des Stephansplatzes und Plastikblumen
Aber bleiben wir nicht bei alten Dingen hängen (die aber wohl bemerkt bis heute Auswirkungen haben – man vergisst sie nur gerne). Schauen wir trotzdem auf die Situation heute: Der Stephansplatz: immer noch Parkplatz. Die Marktstätte: ein bisschen Grün im vorderen Bereich, ansonsten so baum-, trost- und phantasielos wie eh und je. Das Döbele: immer noch Parkplatz (anstelle einer mit Grün aufgelockerten Wohnbebauung). Der Münsterplatz: dort stellt jetzt die Gastronomie Olivenbäume in Kübeln auf, weil es keine schattenspendenden Bäume gibt. Der Pfalzgarten, groß angekündigt als „temporär umgestaltet mit viel Grün“: bei genauer Betrachtung beschränkt sich das auf ein paar Blumenkübel, wie sie jede Person, die einen Balkon hat, dort aufstellt.
„Smart green city“ nennt sich Konstanz – vielleicht muss man/frau es erklären: zu Kugeln geformte Plastikblumen, wie sie über allen Straßen hängen, filtern kein Kohllendioxid aus der Luft und spenden auch keinen nennenswerten Schatten!
Gut gemeint mag immerhin die Aktion „Klimabäume“ sein – zumindest für diejenigen, die einen ausreichend großen Garten ihr Eigen nennen (in der Altstadt wird das eher nicht der Fall sein). Vor allem aber ist das wieder jene Form von Individualisierung, bei der Einzelnen die Verantwortung zugeschoben wird, die auf politischer und Unternehmensebene ausbleibt.
Tatsächlich aber haben Niederbürgler:nnen auf einer seit Jahrzehnten nicht genutzten Verkehrsinsel einen Ableger einer der gefällten Kastanien gepflanzt. Diese wurde eines Tages von Mitarbeitern der Stadt kurzerhand abgesägt – weiß der Teufel, ob da jemand die Erinnerung an die gefällten Bäume verhindern wollte?
Auf Beschwerde hin wurde dann zugesichert, man werde dort (nach mindestens zwei Jahrzehnten Untätigkeit) einen „richtigen“ Baum pflanzen. Das ist tatsächlich geschehen – vor knapp einem Monat. Seither hat sich die Stadt nicht mehr darum gekümmert und hätten die Niederbürgler:innen ihn nicht gegossen, wäre er inzwischen kläglich vertrocknet.
Es gibt also für die Stadt im Umgang mit den Bürger:innen noch viel zu lernen – genau so, wie im Umgang mit der Klimaerwärmung – hoffen wir, dass das irgendwann klappt!
Text und Bild: Stephan Schulz
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