
Zum „Internationalen Tag der Familie“ am 15. Mai kritisierte PRO ASYL die im Koalitionsvertrag angekündigte Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Statt Menschen ihr Recht auf Familie zu verwehren, gelte es dringend zu handeln, um die überlangen Wartezeiten in den deutschen Botschaften zu verkürzen.
Subsidiärer Schutz wird gewährt, wenn weder Flüchtlingsschutz noch Asyl im Aufnahmeland zu erlangen sind, im Herkunftsland aber ein ernsthafter Schaden droht. Tausende Frauen, Männer und Kinder in Deutschland leiden unter zerrissenen Familienstrukturen, heißt es in einer Pressemitteilung von PRO ASYL. Das aktuelle Vorhaben im Koalitionsvertrag, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen, verschlimmere ihre Situation:
„Das Vorhaben der Bundesregierung verletzt das Grundrecht auf Familie für tausende in Deutschland schutzberechtigte Menschen“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Es führt zu dauerhaft zerrissenen Familienstrukturen und behindert Integration. Insbesondere Frauen und Kinder werden so verstärkt auf lebensgefährliche Fluchtrouten gezwungen. Schon jetzt sind Familien oft jahrelang getrennt, weil etwa die Wartezeiten an den deutschen Auslandsvertretungen immens hoch sind“, führt Alaows weiter aus.
Dabei droht subsidiär Geschützten genauso wie Flüchtlingen, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind, in ihrem Herkunftsland Gefahr für Leib und Leben. Auch ihnen ist dort das Zusammenleben als Familie in der Regel nicht möglich. Auch sie haben ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Trotzdem will ihnen die Bundesregierung das Recht auf ein Familienleben weitgehend nehmen. Die Ankündigung, dass Härtefälle von der Maßnahme unberührt bleiben, mildert das nicht ab, denn die aktuelle Praxis zeigt, dass kaum jemand von der Härtefallregelung profitiert.
Bereits jetzt schleppende Familiennachzugsverfahren
Herr A., Syrer mit subsidiärem Schutz und in der Beratung bei PRO ASYL, ist verzweifelt: „Was die deutsche Regierung will, bedeutet, dass die Hälfte meines Herzens bei meiner Familie auf der anderen Seite bleibt, in einem Land, in das ich nicht zurückkehren kann und aus dem meine Lieben nicht entkommen können“. Seine Frau und drei Kinder warten bereits seit über zwei Jahren auf einen Termin bei der deutschen Botschaft in Erbil zur Antragsstellung für den Familiennachzug. Auch in Beirut, wo die allermeisten Syrer:innen ihre Anträge stellen, beträgt die Wartezeit derzeit rund zwei Jahre.
Bei den meisten deutschen Auslandsvertretungen dauert eine Visum-Antragstellung für den Familiennachzug weit über ein Jahr – auch für Geflüchtete mit einer Flüchtlingsanerkennung. Für afghanische Schutzsuchende ist die Situation besonders schwierig. Die deutsche Botschaft in Kabul ist seit Mai 2017 geschlossen, die Menschen müssen seitdem auf die Botschaften in Pakistan oder Iran ausweichen. Dort beträgt die Wartezeit für sie mindestens ein Jahr (Islamabad) und bis zu zweieinhalb Jahre (Teheran). Diesem nur ersten Schritt der Antragsstellung folgen lange Wartezeiten für die Antragsbearbeitung. In dieser Zeit werden Kinder ohne Elternteile groß, Menschen in Einsamkeit und Sorge krank und im Heimatland Wartende harren in oft prekären bis gefährlichen Situationen aus.
„Es braucht dringend mehr Bearbeitungskapazitäten in den deutschen Botschaften und die Möglichkeit, Visumsanträge digital zu stellen. Ebenso sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Visumsanträge auch in Deutschland zu bearbeiten“, fordert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Aufruf zum Internationalen Tag der Familie
PRO ASYL, terre des hommes, Save the Children, International Rescue Committee und viele weitere Organisationen fordern in einem gemeinsamen Aufruf, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zu erhalten, minderjährige Geschwister nicht zurückzulassen und besonders schutzbedürftige Familien besser zu schützen. Der gesamte Appell kann hier aufgerufen werden.
MM; Symbolbild: Guillermo Estrada auf Pixabay
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