Am
Freitag, 9. Mai 2025
Ab
14:00
Uhr

Weiterleben. Jüdische „Displaced Persons” im Konstanz der Nachkriegszeit

Auftaktveranstaltung zu einem digitalen Stadtrundgang mit Actionbound. Diese Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe „Lebenswege nach 1945 – Generationen im Dialog”.

Am 26. April 1945 geht für Konstanz der zweite Weltkrieg zu Ende. Französische Truppen besetzen die Stadt. Kampflos. Am 8. Mai ist die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches besiegelt. Zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft sind vorbei. 37 Millionen Tote sind zu beklagen, mehr als die Hälfte davon Zivilistinnen und Zivilisten. Unter ihnen auch die rund sechs Millionen europäischen Jüdinnen und Juden, die dem Vernichtungswillen des Nationalsozialismus in den Todeslagern im Osten zum Opfer gefallen waren. Wer überlebte, hatte grauenvolles Leid erfahren, hatte Familie und Heimat verloren.

Das betraf vor allem die jüdischen Überlebenden der Shoa. Anders als Millionen von Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenen, die von den Besatzungsmächten nach dem Krieg in ihre Herkunftsländer repatriiert wurden, bildeten sie unter den sog. „Displaced Persons” jene Gruppe von Vertriebenen, die nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren konnten und deren Schicksal als Staatenlose mit unsicherem Rechtsstatus im Nachkriegschaos des Jahres 1945 in besonderer Weise von der Versorgung der Alliierten und vom Beistand internationaler Hilfsorganisationen und Initiativen abhing.

Vor allem Konstanz entwickelte sich wegen seiner Grenznähe zur Schweiz zu einem Sammelpunkt der jüdischen Überlebenden in der französischen Besatzungszone. Als vorübergehender Zufluchtsort sollte die Stadt am Bodensee zum Transitraum für die Überlebenden auf ihrer Suche nach einer neuen Heimat werden: in Aufnahmeländer wie den USA, Kanada oder nach Palästina bzw. seit 1948 im neu gegründeten Staat Israel. Nicht alle machten sich auf den Weg.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung haben Studierende der Geschichte unter der Leitung von Dr. Jan Behnstedt-Renn und in Kooperation mit Dr. André Böhning und Dr. Bettina Kommoss von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Konstanz e.V. einen digitalen Stadtrundgang entwickelt, der sich mit den Herausforderungen der jüdischen „Displaced Persons” in Konstanz auseinandersetzt und ihre Wege in ein neues und selbstbestimmtes Leben zeigt.

Die Veranstaltung bietet eine Einführung in den Rundgang, der anschließend ausprobiert werden kann. Dazu müsste ein Smartphone mitgebracht werden. Die App Actionbound kann im Vorfeld oder über das WLAN-Netz der VHS heruntergeladen werden.

Als besonderer Gast wird Sabine Segoviano, geb. Rosenblom, als Zeitzeugin über ihre Kindheit und ihr Aufwachsen in einem Lager für „Displaced Persons” in Föhrenwald berichten, in das sie 1951 im Alter von vier Jahren mit ihrem Vater Josef und ihrer Mutter Käthe kommt. Ihr Vater hat als einziger der Familie das KZ Auschwitz überlebt und nach dem Krieg zum zweiten Mal geheiratet. Alle Emigrationsversuche der Familie in die USA oder nach Südamerika scheitern, aber die Familie erarbeitet sich Stück für Stück ein neues Leben. Sabine Segoviano arbeitete lange Zeit als Autorin und Verlagsredakteurin und lebt heute in Stuttgart.

Astoriasaal (Zugang über die vhs)

Katzgasse 7
78462 Konstanz